Buchhinweis im 
April
 
2014
 

Der grüne Heinrich

Gottfried Keller
dtv

Eben beendete ich den 1. Band des Grünen Heinrich von Gottfried Keller. Eine breite, spannende Sache wird da von einem ganz grossen Erzähler ausgebreitet. Ein Genie der Sprache ist er. Ganz abgesehen davon, wie er es versteht, Stimmungen, Seelenzustände, Leben und Landschaften zu zeichnen. Er ist ein echter Realist.

Keller hat einen weit gespannten Roman mit einer subtilen Liebesgeschichte geschrieben. Mit der Lektüre des „Grünen Heinrich“ erschloss sich mir auch der Sinn für manches Gottfried-Keller-Gedicht.

Der Grüne Heinrich fesselt, und wer ihn gelesen hat, ist um ein gutes Stück reicher. Kellers Erzählkunst ist gewaltig: Sie ist ein breiter Strom, der reinstes Wasser und reichen Dünger im Geschiebe mit sich führt. Gleichmässig schön fliessend, nimmt der Inhalt gefangen und entlässt einen mit einem Einblick in das 19. Jahrhundert, der uns Heutigen, die wir von lauter Allerlei blind werden, gut tut. Der „Grüne Heinrich“ ist ein wunderbares Lese-Erlebnis.
Die Keller-Lektüre nimmt den Leser mit in eine stimmungsreiche sprachliche Klang- und Farbenwelt und entlässt ihn mit Bildern und Melodien, die noch lange weiter wirken.

Dass der Name Gottfried Keller in unserem Oberstufen-Lesewerk „Texte 1 und 2“ nirgendwo vertreten ist, gibt zu denken, in einer Zeit des Nachbetens von allem, was literarisch „in“ sein könnte. Aber heute kräht kein Schulhahn mehr nach Gottfried Keller.

Ich bin der Meinung, dass heute viel zu viele Bücher geschrieben und marktschreierisch angepriesen werden. Zuviel Unnötiges, wenn es daran messen will, was die Literatur vergangener Zeiten hervorgebracht hat. Oft verstellt ein raffiniert angepriesenes Neues den Blick auf Bewährtes.

Langsam merke ich, wie viel ich noch zu lesen hätte.