Buchhinweis im 
März
 
2012
 

Des Pudels Fell. Neue Verführung zum Denken

Ludwig Hasler
Verlag Huber Frauenfeld

In meiner Wohnstube stehen ca. zwei Drittel meiner Bücher in einer grossen Bücherwand. Wenn Besuch kommt, heisst es meist:
„Wow, hast du diese Bücher alle gelesen?“ Meine Antwort dann: „Im Prinzip schon, aber Lexika oder Nachschlagebücher kann man ja nicht einfach so lesen.“

Besucher gehen vielleicht der Wand entlang, studieren stöbern und merken, dass meine Bücher nach Verfassern alphabetisch geordnet sind. (Diese Art der Einordnung hat auch seine Nachteile).

Nun also: Auch ich stehe oft vor meinen Büchern und versuche, mich an diesen oder jenen Inhalt bestimmter Bände zu erinnern. Beim Herausnehmen und Blättern kommt dann die Erinnerung meist wieder. Es ist aber nicht so, dass ich mich eines lückenlosen Erinnerungsvermögens erfreuen dürfte. Ich beneide alle Leute, die das haben, ehrlich.

Also, welchen Buchhinweis diesmal? Meistens werden meine Hinweise einigermassen frisch nach der Lektüre verfasst. Diesmal  entscheide mich für das Buch von Ludwig Hasler, das ich vor ca. einem Jahr mit viel Begeisterung gelesen habe. Heute las ich wieder das Kapitel „Wie die Sprache Welt zeugt“.

Gesprochenes oder geschriebenes Wort? Es ist nicht einerlei, ob mündlich oder schriftlich kommuniziert wird. Beide  Formen sind ernst zu nehmen. Das gesprochene Wort lässt sich, genau wie das geschriebene, nicht mehr zurückholen, wenn’s mal draussen ist. Zuerst ist die Wirklichkeit; Sprache beschreibt Wirklichkeit. Mit Sprache fangen wir die Welt ein. Unter Welt ist nicht die Summe der Dinge zu verstehen, nicht das Alles, sondern das Wie. Welt ist Mitte und Herz. Welt ist, wie sie ist; Sprache verfestigt sie. Ihr Ziel ist es, Unbestimmtes eindeutig zu benennen.

Ludwig Hasler kommt in seinem Sprach-Essay auf gängige Jargons zu sprechen, derer sich verschiedene Gesellschaftsschichten bedienen. Er zeigt auf, wo der Wortschwulst grassiert. Der  Schluss beschreibt die Jugendsprache, den Parlando-Schreibstil, wie er schon genannt worden ist. Erfreulich daran sei eine gewisse kreative Komponente und ein Trotz gegen die gängige, langweilige Offizialsprache, in der das persönliche keinen Platz mehr zu haben scheine.

Der Text über Sprache umfasst 16 Seiten. Das ganze Buch umfasst ca. 30  heitere und mit Humor geschriebene Texte. Alle wollen, wie der Untertitel des Buches heisst, zum Denken verführen. Ein hervorragendes, im Jahre 2010 erschienenes Buch für Leute, die wachen Sinnes die die Zeichen der Zeit zu deuten versuchen.

Der Schweizer Ludwig Hasler ist Philosoph und Publizist; er war Chefredaktor beim St. Galler Tagblatt und bei der Weltwoche. Er leitet heute Managersymposien, Bildungstagungen, Kongresse zu Zeitfragen und lebt in Zollikon.