Buchhinweis im 
Januar
 
2013
 

Dr Troum vo Paris

Ernst Burren
Cosmos Verlag

Es gibt Bücher, die man immer wieder hervor nimmt, um darin zu schmökern, zu blättern oder einzelne Stellen oder ganze Abschnitte zu lesen. So ein Buch ist für mich Ernst Burrens „Dr Troum wo Paris“. Wie der Titel verrät, handelt es sich um ein Mundart-Buch. Es ist die Sprache des solothurnischen Ortes Oberdorf, wo Ernst Burren 1944 geboren wurde und als Lehrer tätig war. Im Dialekt des Dorfes wird eine ganze grosse Welt beschrieben. Mundart ist die Art, wie der Mund redet, also eine gesprochene Sprache, unmittelbar, schnörkellos, echt. Wer als Aargauer sich ein wenig in die Mundart Ernst Burrens vertieft, wird bald begeistert sein davon, wie es diesem Solothurner Dichter gelingt, dem aufmerksamen Leser die gesprochene Sprache in schriftlicher vertrauter Erzählform weiter zu reichen.

Das Buch ist ein Erzählband mit 24 Geschichten, allesamt aus dem nächsten Umfeld des Autors stammend. Sie stecken zum Lesen an, von „d tagesschou“ bis „nume no säute bsuech“. Ansteckend wirken sie, weil sie alle ohne Umschweife beginnen und fast wie mitten in eine spannende Erzählung führen. Als Beispiel der Beginn von „heimgang“:

so öppis verruckts heigi äs
jetze doch no nie erläbt        
hets Nelli gseit

Von der grossen Erzählkunst Burrens - als Beispiel - zeugt die Geschichte „so wi dr Shakiri“

Kurz gefasst:
Grossvater hat einen Enkel namens Simon, als Kind und später als
Jugendlicher von 16 Jahren ein guter Fussballspieler. Grossvater sieht
in ihm einen künftigen Skakiri.

In eigenen Jugenderinnerungen tauchen bim Grossvater Namen wie
Toni Allemann und Besuche von Fussballspielen in Solothurn
zwischenNordstern und Young Fellows auf.

Als sie damals, ein paar Männer vom Dorf, nach Solothurn die Matchs besuchten, wurden sie als Sozi beschimpft, die zu faul waren zum Arbeiten und denen nachlaufen, die einem Ball nachrennen.

Grossvaters Frau hofft auch, dass der Enkel Simon es im Fussball zu etwas bringt, im Gegensatz zu ihrem Mann, dem sie vorwirft, sich in Leben zu wenig angestrengt und es folglich wenig weit gebracht zu haben. Simon habe einen starken Willen, den er von ihr geerbt habe, sie, die sich in der Jugend mit Fremdsprachenlernen weiter gebracht habe.

Von Shakira, der ein eingebürgerter Ausländer ist, weiss der Grossvater nur Gutes zu berichten: Ein Aushängeschild sei er für die Schweiz, die alle Ausländer, wenn sie nur wollen, bestens integrieren. Gerade dafür sei gerade Shakiri ein leuchtendes Vorbild.

Wenn der Vorzeige-Schweizer dann einmal in München gegen Dortmund spielt, will er mit dem Car beim Spitzenspiel mit Shakiri auch dabei sein. Grossmutter meint, der junge Spieler solle ein Schweizer Mädchen nach München mitnehmen, um den dortigen Gefahren mit Frauen nicht zu erliegen. Der Grossvater denkt bei sich, er würde seinem Enkel dann aber gerne mal sagen, worauf er schauen solle, wie er die richtige Frau bekommt. Wenn seine Frau das hören würde, „würdi si aua echlei verchlüpfe“.

Humor und Tiefgründiges, Alltägliches und Einzigartiges sind in Burrens Büchlein  (ca. 140 Seiten) stets nah beieinander. Die ganze Welt ist eingefangen von einem, der auf dem Sofa sitzt und dem bewusst ist, dass er „nie für lenger us dem dorf uscho isch“.

Es fällt einem das altchinesische Sprichwort ein: „Um die Welt zu kennen brauchst du dein Dorf nicht zu verlassen“.