Buchhinweis im 
Juli
 
2009
 

Frau Sorgedahls schöne weisse Arme

Lars Gustafsson
Hanser Verlag 2009

In Besprechungen hatte ich vom Buch schon gelesen. Wer denkt sich da nicht etwas dabei, wenn er den Titel liest. Doch, wie es so ist: Bestsellerlisten sind Eintagsfliegen, und nicht alles was da draufkommt, kann sich des Dauerhaften rühmen. Ich weiss, wie es einem kleinen Buchhändler gehen kann, wenn er sich allzu stark auf Bestsellerlisten verlässt. Es kann ihm schon mal passieren, dass er auf den viel gerühmten Büchern sitzen bleibt.

Etwas später las ich in der Zeitschrift "Christ in der Gegenwart" vom bekannten Theologen Klaus Müller von der Universität Münster, er habe das Buch von den schönen weissen Armen der Frau Sorgedahl gelesen. Er meinte, es sei ein "wunderbar schwebender und dennoch philosophisch wie theologisch aufwühlender Roman". Das klingt zwar alles recht hoch.

Der Roman Gustafssons ist aber ein wunderbares Lesevergnügen, wirklich. Nicht zuletzt auch dank der übersetzerin Verena Reichel. Der Autor erzählt, und erzählt aus seiner Heimat Schweden, genauer aus dem Västmanland. Einmal von früher, ohne fest gefügten Ablauf. Zeit ist für ihn immer präsent. Das "es war einmal" gibt es nicht. Was Gustafsson erzählt, sind Bilder aus seinem Erleben. Mit seiner wunderbaren naturnahen, einfachen Sprache malt er Bilder, die verzaubern. Das Buch hat keinen Anfang, keine Ende; es ist eine Sammlung von Erzählungen, in brillantem Stil geschrieben.

Wenn er vom Pastor Tim in Haraker erzählt, dann wird es theologisch. Der Pastor begab sich mit Fragen zur Schöpfung oft aufs Glatteis, so, dass er oft "seinen Verstand fest in die Hand nehmen" musste. Was sollte er von "Glaubenswahrheiten" halten? Warum hat Gott eine Welt erschaffen, die so grausam sein kann? Warum verwandelte sich Gott in einen Menschen, der Abstand genommen hat von seiner eigenen Schöpfung und schmerzhaft litt, um die Menschen zu versöhnen? Versöhnen wen mit wem?

Und die schönen weissen Arme der Frau Sorgedahl? Die Frau hat einen langweiligen, gelehrten Mann. Der Ich-Erzähler kannte sie schon als Knabe. Und da ist noch eine Geliebte, Ingela, die Tochter des Giessers. Berührende Liebes-Erlebnisse in der Welt der Fünfzigerjahre. Wunderbar sind die Erinnerungen als Leser, der diese Fünfzigerjahre ebenso kennt. Oder die er durch die Lektüre kennen lernen darf. Die damalige Welt Schwedens und der Schweiz dürfte fast dieselbe gewesen sein.

Lars Gustafsson wurde 1936 im Västmanland in Mittelschweden geboren. Er ist Lyriker, Philosoph und Romancier und hat lange Zeit in Texas gelebt. Er hat ein weises, ein gelassen heiteres Buch geschrieben. Gäbe es doch mehr solche Bücher unter den Neuerscheinungen!

Die oben zitierte Wochenzeitschrift "Christ in der Gegenwart" ist zu empfehlen.

Für ein kostenloses Probe-Abo wende man sich an den Herder-Verlag, Basel.