Buchhinweis im 
Oktober
 
2016
 

Freiämter Kalender 2017

Kasimir Meyer, 5610 Wohlen

Mit schöner Regelmässigkeit erhalte jedes Jahr ich Ende Oktober den „Freiämter Kalender“. Nicht gratis natürlich, er kostet 15 Franken; ich habe ihn im Abo. Und er ist mir den Preis mehr als wert. Neben viel Vertrautem erfahre vom Leben im Freiamt und lese Geschichten, die ich nicht gekannt hatte. Es sind Texte von hier, sie passen in die Landschaft und zu den Leuten. Ja, „den Freiämter“ gibt es schon noch, aber die Bevölkerung ist mehr und mehr durchmischt. Deshalb scheint es mir wichtig, dass Leute, die im Freiamt leben, es auch kennen. Wer etwas kennt, lernt es lieben.

Der Freiämter Kalender ist ein Kompendium regionaler Informationen. Er lebt von Geschichten, die sonst nie erzählt würden. Er füllt so eine Lücke im digitalen Zeitalter, wo Informationen wie grosse Heuhaufen verfügbar sind. Aber die berühmte Nadel findet man – um im Bild zu bleiben – im Freiämter Kalender.

In die oben beschriebene Richtung stösst der „Freiämter Kalender“ nun im hundertsiebten Jahrgang. Man stelle sich die Zahl 107 vor, und was da alles geschrieben, beschrieben, erzählt, gesagt oder behauptet worden ist.

Als Knabe, und damals schon interessierter Leser, mag ich ungefähr bei der fünfzigsten Ausgabe angefangen haben. Der Kalendermann war damals der Xaver Fröhli, Knecht am Heitersberg, dann der unvergessliche Poet Robert Stäger; ihm folgte der Redaktor des Wohler Anzeigers, Dr. Walter Meyer. Seit einigen Jahren ist es Jörg Steinmann aus Muri, der den Kalender in bewährter Tradition zu einem wirklich lesens- und liebenswerten Freiämter Jahrbuch macht.

Hut ab vor der tadellosen redaktionellen Leistung! Ich frage mich immer wieder, woher und wie ein Kalendermann zu so viel guten Beiträgen kommt. Ich ahne, welche riesige Arbeit geleistet werden muss.

Von Sins, einer Gemeinde mit guter Infrastruktur, wird aus Geschichte und Gegenwart berichtet. Das wunderschöne Foto von der Holzbrücke über die Reuss bildet zusammen mit drei aktuellen Fotos das Titelblatt des neuen Kalenders.

Wo, wenn nicht in einem Kalender, findet man genaue Informationen zu dieser Brücke, die im Sonderbundskrieg zur Hälfte zerstört worden war, um den Vormarsch des Generals Dufour zu verzögern. Deshalb besteht die Brücke aus zwei verschiedenen Teilen. „Aha, jetzt, wo ich das lese...“

Wie geht es wohl einem alt eingesessenen Sinser beim Betrachten der der zwei Luftbilder seiner Gemeinde, die im Abstand von 60 Jahren gemacht worden sind?

Ganz neu für mich der Bericht über den Murihof in Sursee, der einst die Stadtburg der Habsburger war und Sursee dem Kloster Muri gehört hat. Ein Grund, im neuen Jahr mal nach dorthin zu fahren und sich alles anzuschauen?

Benedikt Stalder berichtet von den Streitigkeiten vor dem Bau der Kirche von Boswil. Wieder einmal ist es die skandalöse Klosteraufhebung von 1841, die zu vielen Problemen in jenen Pfarreien führte, die zum Kloster Muri gehört hatten. Die neugotische Kirche, 1890 eingeweiht, strahlt in Architektur und Ausstattung viel Wärme aus und ist bis heute eine wunderschöne Zierde der Gemeinde. Allerdings: wenn ich mit dem Zug durch Boswil-Bünzen fahre, sage ich mir oft, die Alte Kirche Boswil dürfte der Grösse nach genügen und wäre als lebendige Kirche eine schönste Zierde in der Freiämter Landschaft. Aber, vorbei ist vorbei.

Für spätere Generationen mögen die Beiträge aus dem Geschehen des vergangenen Jahres wertvoll sein. Leute von heute werden viel Freude an alten Fotos haben, auf denen frohe Feste in Kirchen, Gemeinden und Vereinen für die Zukunft aufbewahrt werden.

Vielleicht hat meine Laudation auf den Freiämter Kalender jemanden zum Kauf des gelungenen Werkes animiert. Am besten abonniert man ihn und bekommt ihn per Post nach Hause.