Buchhinweis im 
Oktober
 
2009
 

Gespräche im Hause Blanc

Anne Cuneo
mit Anne-Marie Blanc, Schauspielerin
Römerhof Verlag Zürich

Gilberte de Courgenay!

Eigentlich sollte man seine Notizen zu diesem wunderbaren Buch, einer Biographie in Gesprächen der Autorin Anne Cuneo mit Anne-Marie Blanc, nicht so beginnen. In jungen Jahren wurde Anne-Marie Blanc in der Filmrolle der Gilberte bekannt, beliebt, berühmt. Zwar war ich vor der Lektüre dieses Buches auch einer von denen, die geglaubt hatten, dies sei die wichtigste Rolle der Schauspielerin gewesen. Dabei hat Anne-Marie Blanc von 1938 bis 2004 nicht weniger als 214 Stücken meist die Hauptrollen und meist am Schauspielhaus Zürich gespielt. Hinzu kommt die Mitwirkung als Schauspielerin in über 50 Filmen und Fernseh-Serien.

Annemarie Blanc starb, kurz vor ihrem 90. Geburtstag am letzten 2. September.

Vor zwei Jahren hatte Anne-Marie Blanc der Autorin zugesagt, sie dürfe über sie eine Biographie schreiben. Nach AMBs Tod hatte Anne Cuneo sozusagen alles beisammen, damit so kurz nach dem Tod der Künstlerin dieses wunderbare Buch Wirklichkeit werden konnte. Die Autorin brauchte nur ihre handschriftlichen und elektronischen Notizen hervor zu holen. Um gewisse Einzelheiten zu besprechen, wollte sie sich am 5. Februar 2009 mit Annemarie Blanc treffen. Diese starb am Tag zuvor, sieben Monate vor ihrem 90. Geburtstag.

Das Buch Anne Cuneos ist die Summe vieler Gespräche, die sie mit Anne-Marie Blanc geführt hatte. In Paris geboren, studierte sie an der Universität Lausanne Geschichte, Englisch und Italienisch. Als selber mit Preisen bedachte Schriftstellerin in französischer Sprache, hat sie seit 1967 mehrere Bücher geschrieben. Cuneo arbeitet als Journalistin, Essayistin und Regisseurin. Im Jahre 2000 entstand unter ihrer Regie ein Dokumentarfilm über Anne-Marie Blanc unter dem Titel „La petite Gilberte“.

Beim Lesen machte ich Bekanntschaft mit Namen von Schauspielern, Kunstschaffenden, Politikern und anderen Grössen, die ich während meines Lebens mehr oder weniger, meist nur flüchtig kennen gelernt hatte; mit Heinrich Gretler zum Beispiel, der gern auf den Alp-Öhi im Heidifilm reduziert wird. Er war aber zweifellos ein ganz grosser Schauspieler war, dessen sich unser Land während Jahrzehnten rühmen durfte. Anne-Marie Blancs Buch ist eine Zeitreise durch die kulturelle Schweiz von den Dreissigerjahren des letzten Jahrhunderts bis heute. Mit der Vielzahl schöner Schwarzweiss-Fotos ist es eine Fundgrube zur jüngeren Geschichte unserer Schweiz.

Eigentlich nähme mich noch wunder, was die vielen Kritiker des Landesverteidigungs-Konzepts des Generals Guisan während des 2. Weltkrieges zu Anne-Marie Blancs Loyalität zur Schweiz und ihrer Landesverteidigung von damals sagen. Es ist zu befürchten, dass sich der eine oder andere schon noch bemerkbar machen wird.

Dem Buch liegt eine CD mit dem letzten Auftritt Anne-Marie Blancs mit dem Stück „Savannah Bay“. Es ist der letzte Dialog zwischen einer Grossmutter und ihrer Enkelin. Auf der Bühne standen tatsächlich die Grossmutter AMB und ihre Enkelin namens Mona Petri, der Tochter ihres Sohnes Daniel.

Die Lektüre dieses Buches hat mir sehr viel gegeben.