Buchhinweis im 
Februar
 
2015
 

Heute im Blick

Martin Werlen
Provokationen für eine Kirche, die mit den Menschen geht
Herder Verlag

Martin Werlen will wohl einmal Bischof im Bistum Chur werden. So habe ich es mir schon lange gedacht. Endgültig überzeugt bin ich davon, seit ich sein Buch „Heute im Blick“ gelesen habe. Seine ungeteilte Begeisterung für alles, was Papst Franziskus macht und sagt, ist augenfällig. Und den Papst braucht Werlen, wenn er noch höhere Weihen empfangen möchte. Wer weiß, vielleicht entsteht bald ein neues Bistum Zürich, wenn man damit den Querelen zwischen Zürcher Progressiven und Churer Konservativen, ein Ende setzen will. Dann schlüge die Stunde für den noch relativ jungen Einsiedler Alt-Abt Martin Werlen.

Immerhin war er zwölf Jahre lang Abt des Klosters Einsiedeln, das sich als erstes und wichtigstes Benediktinerkloster der Schweiz versteht, als eigentlich  mittelgrosses Unternehmen. Als Abt von Einsiedeln war Werlen während zwölf Jahren Mitglied der Schweizer Bischofskonferenz. Einmal fragte ich einen mir bekannten Ordensmann des Klosters, wie es so laufe mit dem jungen Abt. „Er regiert, und wissen Sie wie? Er regiert fortlaufend“ war die humoristische, aber vieldeutige Antwort des Mönchs.

Ja also, nun habe ich bereits etwas viel gesagt zum Verfasser des Buches, das ich mit viel Gewinn gelesen habe. Martin Werlen schreibt gerade heraus, unverblümt und schnörkellos. Er legt den Finger auf die offenen Wunden der Kirche und ist bemüht, zu gemachten Fehlern und zu kirchlichen Schwächen von heute zu stehen. Er plädiert für eine Kirche, die sich den Fragen der heutigen Zeit stellt. Seine Hoffnung ist eine Kirche, die nicht mehr von oben herab predigend, sondern als verstehend wahrgenommen wird. Nur so, meint Werlen, würde die Stimme de Kirche wieder gerne gehört werden.

Da täuscht er sich wahrscheinlich. So katapultiert sich ein weltoffener Kleriker in die von der Kirche selber gegrabene Grube und übernimmt die Rolle eines Geweihten, der davon beseelt ist, dass die gute Hoffnung zuletzt alles richten wird.

Martin Werlen möchte dazu beitragen, dass sich die Kirche der Weltprobleme annimmt und aufhört, sich nur mit sich selber zu beschäftigen. Er will die Menschen ansprechen, die unbeteiligt am Rande stehen. Nach seinen zwölf Jahren als Abt ist er zwar wieder „gewöhnlicher“ Mönch, ein aber trotzdem ungewöhnlicher Mönch, der provoziert. Mit seiner Sichtweise von Kirche werden die Kollegen in der Bischofskonferenz während den zwölf Jahren nicht immer einverstanden gewesen sein.

Nun hat er ein anregendes Buch in unsere Zeit hinein geschrieben, das, wie er selber meint "Staub aufwirbelt, wo sich solcher abgelagert hat". Sein Buch sei ein Paukenschlag. Die süffige Metapher – von wem stammt sie wohl?
Vom Schweizer Berufs-Gegenpapst Hans Küng. Das wär's ja dann.