Buchhinweis im 
August
 
2010
 

Himmelsstürmer. 12 Portraits

Alex Capus
Verlag Knaus

Alex Capus, dem Schriftsteller aus Olten, ist ein grosses Erzählwerk gelungen. Er berichtet von zwölf Menschen, die Grosses im Sinnen hatten, und denen es gelungen ist, Grosses zu leisten. Zwölf Porträts von Schweizerinnen und Schweizern, von denen ich noch nie ein Wort gehört hatte, und deren Leistung oder Schicksal mir unbekannt geblieben wäre. Ein starkes Stück schweizerischer Geschicke und Schicksale, die von Zähigkeit, Unbeirrbarkeit, Starrsinn und von Glauben an die Machbarkeit geprägt sind. Auf die dargestellte Weise sind sie ein Teil unbekannter Schweizer Geschichte.

Und wie Capus erzählen kann! Man hängt am Mund eines begabten Geschichten-Erzählers; der eigene Mund ist offen und man vergeht beinahe vor Spannung. Erzählerisch begeisternd und tragisch ist es manchmal, wie das Schicksal seinen Hammer in Form von Fehlschlägen bereit hält. Alex Capus lebt mit seinen Figuren und steht so dem Leser nahe. Er sieht ihnen Vieles nach und ist voller Verständnis auch für Schuld und Versagen. Ein berührendes Buch mit diesen 12 Porträts.

Es ist nicht der Sinn der Buchbesprechung, den Inhalt des Buches auszuplaudern . allerdings aber schwer, zum Beispiel nicht auf Spelterini, den Ballonfahrer aus dem toggenburgischen Bazenheid, der es mit der ganzen damaligen „Welt“ auf Du und Du stand, oder auf Pierre Gilliard, dem Französischlehrer und Begleiter der letzten Zarenfamilie (bis zu deren Ausrottung durch die Bolschewiken) hinzuweisen. Gilliard wurde nach seiner abenteuerlichen Flucht über Wladiwostok nach Lausanne daselbst noch Professor und starb hoch betagt im Jahre 1962.

Lesend kann man an einer Welt Teil haben, die aufregender nicht sein könnte.

Ob Christoph Kolumbus vielleicht doch nicht ein Schweizer gewesen sei, mutmasst Capus schon etwas kühn im Vorwort seines Erzählbandes.

Die Begründung für seine Vermutung:
In jener Zeit hatten Ritter von Colombey am Genfersee nämlich ihre Besitztümer verkauft, wurden von den Savoyern vertrieben, und nachher sei in Genua aus dem Nichts ein gewisser Giacomo Colombo aufgetaucht, der Vater des Cristofero Colombo. Wenn jemand die DNA-Analysen des Entdeckers, dessen Nachfahren im Dunstkreis der Herzöge von Alba in Madrid leben, mit dem Erbgut der Einwohner von Colombey am Genfersee vergleichen würde? Er, Capus, würde dem Resultat mit grösstem Interesse entgegen sehen, schreibt er im Vorwort. Es zeigt, wie offen der Autor mit all den Stoffen umzugehen versteht, die gute Geschichten abgeben und nur das Eine bewirken müssen oder sollen: Die Neugier des Lesers wecken.

Eindrücklich ist das Quellenverzeichnis zu den einzelnen porträtierten Personen. Wie Capus überall dahinter gekommen ist? Auf jeden Fall steckt eine riesige Recherche-Arbeit dahinter.