Buchhinweis im 
Juni
 
2009
 

Königliche Hoheit

Thomas Mann
detebe

Einfach so, weil ich wieder einmal etwas von ihm lesen wollte, nahm ich die Taschenbuchausgabe mit ins Feriengepäck. Aber was war der eigentliche Grund, mich in eine Erzählung hinein zu begeben, die vor über 100 Jahren geschrieben worden ist und die vom Leben in einer Monarchie handelt. Warum also diese Lektüre? Ich gebe es zu: ich wollte auf Nummer sicher gehen und etwas lesen, wo es weder in stilistischer noch in sprachlicher Hinsicht etwas zu bekritteln gibt. Thomas Mann ist immer ein sicherer Wert, mehr noch: Thomas Mann verspricht höchsten, reinen Lesegenuss.

Und wie kompetent er in seinen minutiösen Beschreibungen ist. Oft dachte ich mir beim Lesen: Wie hat der alles so genau hingekriegt? Sicher hat er genaustens sich ins Bild gesetzt, bevor er etwas zu Papier gebracht hat. Wenn man sich vor Augen hält, dass Thomas Mann von Hand geschriebene Manuskripte ablieferte, ist alles nochmals bewundernswerter. Da gab es noch keine Korrekturen mit Hilfe des Computers und Umstellungen und änderungen bis zum Geht-nicht-mehr. Was geschrieben war, musste "sitzen".

Es ist hier nicht der Ort, Beispiele zu liefern, indem ich gewisse Passagen abschreibe. Vielmehr sollte mein Text zum Lesen des ganzen Werks anregen.

Das ist der eine Aspekt von Thomas Manns Meisterroman. Der andere ist die psychologische Feinarbeit in der Beschreibung der Personen, die im Fluss der Erzählung alle mehr und mehr an Konturen gewinnen, weil Thomas Mann nicht müde wird, sie und ihr Handeln aus immer neuen Blickwinkeln zu zeichnen. Eine ganz wunderbare Leistung. Solche Lektüre bildet, regt an, setzt Massstäbe.

Beim überdenken des Handelns der politischen Akteure in diesem Roman fühlt man sich oftmals in die Gegenwart versetzt. So anders als vor 100 Jahren ist es denn auch wieder nicht. Es gibt sie doch immer noch, diejenigen Politiker, die, jemanden etwas gefragt, die Antwort nicht hören, weil sie bereits eine neue Frage bereit haben.

Die beiden Hauptakteure sind die Brüder Albrecht, der eigentliche Thronfolger und Klaus Heinrich. Verschiedener könnten ihre Charaktere nicht sein. Albrecht, der in sich Gekehrte, dem das Regieren eigentlich keine Freude macht, übergibt seinem Bruder bald einmal alle Repräsentations-Funktionen. Denn dieser ist dem Volk zugewandt, findet den Weg zu den Leuten, ist beliebt und populär. Er geniesst es. Eine gewisse Herzensbildung fehlt ihm dennoch. Da ist Imma Spoelmann, ist die Tochter eines aus Amerika zugewanderten Multimillionärs, die in einem langen Prozess liebevoller Annäherung dem jungen Prinzen Vorbild ist. Von ihrem reichen Vater erhält sie eine so grosse Mitgift, dass viele finanzielle Probleme, in denen sich die Monarchie befindet, gelöst werden können.

Es ist mir nur andeutungsweise gelungen, zu zeigen, wie gut mir die Lektüre getan hat. Ich nehme mir vor, mich mit Thomas Manns Werk wieder einmal näher zu befassen.