Buchhinweis im 
April
 
2009
 

Wörterleuchten

Peter von Matt
Kleine Deutungen deutscher Gedichte
Hanser-Verlag

Er wolle mit seinen Deutungen „den Geist wecken, der in der Tinte steckt,“ sagt Peter von Matt über sein neu erschienenes Buch. Bekannt ist, dass viele Leute mit Lyrik wenig anzufangen wissen, vor allem nicht mit moderner Lyrik. Vielleicht deshalb, weil Gedichte früher zum Auswendiglernen und „Aufsagen“ herhalten mussten? Und wie wurden und wie werden Gedichte noch immer unnötig zerredet!

„Was will der Dichter damit sagen?“ ist die bekannte Frage der Deutschlehrer aller Stufen in den Gedichtstunden. Noch oft wird so getan, als ob der Dichter etwas gemeint, es aber nicht gesagt hätte. Quatsch sei das, sagt Peter von Matt.

Von Matt versucht, 60 Gedichte zu deuten. Er weiss allerdings, dass jeder Leser zu Gedichten seinen eigenen Zugang finden muss. Mit seinen „Kleinen Deutungen“ will er den Leuten die Berührungsangst nehmen. Viele haben die falsche Vorstellung, man müsse mit einem Gedicht „etwas machen“. Von Matt rät, sich dem Text einfach mal auszusetzen. Man merke bald, ob er berührt oder nicht. Entweder beschäftigt man sich darauf intensiver mit ihm, oder man legt ihn einfach weg.

Peter von Matt legt Wert darauf, dass Gedichte nicht einfach als Seelenstimmungen wahrgenommen werden wollen, sondern dass sie fast allesamt in einem historisch-politischen Zusammenhang stehen. Auf diesem Gebiet ist der emeritierte Professor für Literaturwissenschaft in seinem Element. Er gilt als renommiertester Kenner seines Fachgebietes. Sein Markenzeichen: Trotz intellektueller Brillanz versteht er so zu schreiben, dass jedermann ihn versteht. Seine Deutungen sind sachkundig, gescheit und unterhaltend.

Da passiert es einem schon einmal, dass ein Gedicht, das man schon jahrelang kennt, nach der Lektüre der „Kleinen Deutung“ in einem ganz anderen Licht vor einem steht. So ist es mir, neben vielen anderen mir bekannten Gedichten, mit Goethes „Sah ein Knab ein Röslein stehn“ ebenso ergangen, wie mit Gottfried Kellers „Arm in Arm und Kron’ an Krone steht der Eichenwald verschlungen“.

Knalleffekt und Raffinesse,
so lautet der Titel der Deutung zu Heinrich Heines „Belsazar“. Dazu bemerkt von Matt auch einiges zum Seelenleben der Schullehrer, zwar zögernd, wie er schreibt. Genial, welchen Zusammenhang er zwischen dem Lehrer, der an die Wand(tafel) seine hellen Zeichen der Wahrheit setzt, und der Geisterschrift im Gedicht konstruiert.

Ein gescheiter, unterhaltsamer Lesegenuss voll Sachverstand, den man sich gönnen sollte. Wörter werden zu leuchten beginnen.