Buchhinweis im 
Januar
 
2008
 

Was geschah mit Schillers Schädel?

Rainer Schmitz
Eichborn Berlin 2006

Als ich das Buch geschenkt erhielt, war ich wegen des Titels doch eher ein wenig baff; der Untertitel „Alles, was Sie über Literatur nicht wissen“ half mir dann langsam auf die Sprünge. Also ein Buch, in dem von Dingen die Rede ist, die man nicht kennt.

„Schillers Schädel“ zum Beispiel ist eines vom jenen 1200 Stichwörtern. Unglaublich für heutige Begriffe, was mit Schillers Leichnam alles passierte. Das Fazit ist noch heute: Von Schiller gibt’s zwei Schädel, zwei Skelette, zwei Särge. Hinzu kommen verschiedene Totenmasken. Auch als als „Schillerhaar“ bezeichnete Haarbüschel, die sich an fünf verschiednen Orten befinden. Einer Gen-Analyse aller Schiller zugeordneten Knochen, Schädel und Haare wurde bis heute von der Stiftung Weimarer Klassik nicht zugestimmt.

Wer war der Schimmelreiter? Welche Dichter waren drogensüchtig, welche im Gefängnis? Wer verursachte welche Skandale? All das steht in einem Buch, das als Lexikon alle Rahmen sprengt. Der Autor hat den Ozean der Literatur von den Griechen bis in die Gegenwart durchfischt und weiss von Dingen, die in den gewöhnlichen Lexika nicht zu finden sind.

Ich selber lese gern und öfter mal wieder in diesem faszinierenden, 1700 Spalten umfassenden Buch (die Seite ist in zwei leserfreundliche Spalten geteilt). Einfach so. Ich erfahre Neues, Unwahrscheinliches, noch nie Gehörtes:

Von Affären und Prozessen, Fälschungen, Legenden, Spekulationen, Schmähreden und Drohbriefen, Plagiaten, Pseudonymen, Polizei, Dichtung, Genies und Literaturpäpsten, von Toten, Witwen und Erben.

Zwischendurch frage ich mich, wie der Autor Rainer Schmitz das alles zusammengebracht hat. Er habe ein halbes Leben lang recherchiert, notiert und archiviert. Ein gewaltiges Werk liegt seit 2006 vor, das mich – immer verbunden mit dem reinstem Lesevergnügen – jederzeit zu faszinieren vermag.

Für 60 Schweizerfranken – eine Flasche Wein kostet im Restaurant je nach dem auch soviel – ist dieses Dauervergnügen im Buchladen zu kaufen. Für literarische Interessierte natürlich.