Buchhinweis im 
November
 
2012
 

Wenn nichts mehr geht, dann geh

Bruno Dörig
Noah-Verlag

Unter meinen vielen Büchern schätze ich einige schmale, kleine ganz besonders. Meist sind sie sehr handlich und man kann sie leicht in der Jackentasche oder in einem kleinen Rucksackfach auf eine Wanderung mitnehmen. Ein so liebenswertes Ding ist das Büchlein von Bruno Dörig. Es handelt vom Aufbrechen, Nachdenken und Ankommen.

Zu Fuss gehen ist die urtümlichste Form der menschlichen Art, sich fort zu bewegen. Wer das tut, staunt immer wieder, wie weit man effektiv auf diese Weise kommt.  Der Verfasser legt Wert darauf, dass mit dem zu Fussgehen nicht einfach das Wandern, das Spazieren oder das Flanieren gemeint ist. Hinter dem zu Fussgehen steckt der Entscheid, Tempo, Weg und Ziel selber zu bestimmen. Es ist das autonome Gehen des Einzelnen, der sich bewusst die Zeit gönnt, neben allem, was er zu sehen bekommt, auch für inneres Erleben achtsam zu sein.

So hat Bruno Dörig in seinem Rucksackbüchlein Texte versammelt, die vom Weg handeln, der per se ein Bild für Leben ist. Man spricht vom Lebensweg, den jeder Mensch geht. Menschen wünschen einander Glück auf diesen Weg. Wie leicht könnte man vom Weg abkommen und sich verirren. Das kann dem leicht passieren, der mit seinen Gedanken schon dort ist, wo er erst morgen sein kann. Viele rennen dabei sich selber davon, und kommen so nie in die Lage, bei sich selber zu sein, dort nämlich, wo die Füsse sind.

Alte wie neue Wege, sogar Trampelpfade sollen aufrecht begangen werden. Poetisch wandern heisst Innehalten, rundum schauen, Bilder in sich aufnehmen.
Sich setzen, Bilder in Sprache umsetzen und aufschreiben. Ich selber habe die Erfahrung gemacht, dass etwas Geschriebenes nach langer Zeit viel mehr an Erinnerungsgehalt hat und oft aussagekräftiger ist als eine schnell geknipste Foto.

Wer hat schon mal versucht, zu zeichnen anstatt zu fotografieren? Wie viel man beim Zeichnen sieht, wie intensiv man hinschaut und wie viel Wertvolles, Persönliches man auf einem Zeichenpapier mit nach Hause nimmt im Vergleich zur Kamera!

Beim Gehen zu Zweit habe ich auch schon mal bei eine Rast meinem Partner etwas vorgelesen! Bruno Dörigs Büchlein lädt dazu ein, andern etwas mitzuteilen, was Dichter oder ganz einfache Beobachter in Worten und Sätzen ausdrücken. Solches Gehen kann zugleich Ankommen bedeuten, ankommen bei sich selber. Dann kann der Titel der Textesammlung von Bruno Dörig tatsächlich wahr werden: etwas, das nicht mehr gegangen ist, kann auf einmal wieder gehen. Durch das Gehen auf seinen Füssen, die uns sowohl weiter bringen wie standfest machen.

Bruno Dörigs Werke sind im Verlag am Eschbach erschienen. Wer das besprochene Büchlein sich kaufen möchte, wendet sich an die Gutenberg-Buchhandlung in 9200 Gossau oder per mail an:  kontakt@gutbuch.ch