Gedanken zur Zeit im 
Mai
 
2009
 

Für die Seele kranker Menschen sorgen

Wer einen kranken Menschen begleitet, lernt Leute kennen. Das kann man wohl so sagen; denn sehr viele Menschen kümmern sich um einen Kranken: Ärzte, Pflegepersonen, Seelsorger, Fussreflexzonenmasseusen, Putzfrauen.

Von solchen Leuten möchte ich schreiben. Sie kommt nicht nur alle Tage am Morgen vorbei, um alles rein zu machen. Mit ihrem freundlichen Wesen ist sie bald soweit, dass sie die Kranke anspricht und fragt, wie es geht und was die Ärzte sagen. Dann erzählt sie etwas von sich und ihrer Familie. Sie ist Kosovarin und hat hier am Spital hat eine Stelle gefunden. Seit Jahren arbeitet sie hier zur besten Zufriedenheit aller. Sie spricht und nimmt Anteil. Wie nur merkt sie immer, wenn es mal besser, mal schlechter geht? Beim Hinausgehen meldet sie sich sozusagen ab mit einem frohen, guten Zuspruch. Sie würde fehlen, wenn sie morgen nicht wiederkäme.

Es gibt noch Leute, ich denke hier an Herrn von Känel im Ländli in Oberägeri, die fragen, ob es der Patientin und dem Besucher recht sei, wenn er noch ein Gebet sprechen würde. Selbstverständlich, wir beten ja auch immer. Und was dieser Mann spontan für ein Gebet formuliert, eines das Mut und Trost, Zuversicht und Glaube beinhaltet, das macht mir immer, wenn ich dabei bin, grossen Eindruck. Mir selber gibt das viel, und beim Heinfahren am Abend ist Herr von Känel im Geiste mit mir im Auto und betet für Annette.

Spitalseelsorgerin sein - von Beruf. Wie geht das? frage ich mich immer wieder, seit ich weiss, wie weit, wie tief sie in die Lebensgeheimnisse der Kranken sieht. Sie verschenkt einen Teil ihrer selbst an die Kranke, die hier im Bett liegt. Sie spricht vom Loslassen und sich übergeben in eine Zukunft unendlicher Güte, in die wir eingebettet sind. In Traurigkeit und in Momenten der Auflehnung gegen die Härte des Schicksals bringt sie Ruhe und Zuversicht. Sie betet und singt mit der Kranken und mit den um das Bett Stehenden. "Ubi caritas et amor, Deus ibi est", was heisst: "Wo Güte ist und Liebe, da ist Gott".

Ich frage mich nur, wie die Seelsorgerin das alles kann, wenn sie doch viele Kranke und Sterbende hier im Spital zu betreuen hat. Das Wort betreuen drückt schon etwas von einem Geheimnis aus, das wohl zu diesem Beruf gehört: Treu sein dem Mit-Menschen, ihn nicht allein lassen, wenn er Hilfe braucht. Das Gleichnis vom Samaritaner, der dem, der es nötig hat, seine Zuwendung schenkt, ist immer und überall gegenwärtig und aktuell.

Ja, Menschen gibt's, die mit anderen nicht zu vergleichen sind; sie sind eben unvergleichlich. Dieses Unvergleichliche ist wohl das Göttliche in ihnen.