Gedanken zur Zeit im 
November
 
2007
 

Halloween und Allerheiligen

Erst vor geraumer Zeit ging mir ein Licht auf: Sich orientieren heisst, sich nach dem „oriens“, dem Aufgang der Sonne ausrichten. Also: Eine Richtung suchen und wissen, woher das Licht kommt. Im christlichen Glauben wurde Christus zum Bild der aufgehenden Sonne. Alte Kirchen wurden, so es möglich war, mit dem Chor in genauer Ostrichtung gebaut, geostet“ heisst das in der Terminologie der Kunstgeschichte. Der Priester „las die Messe“ in der Richtung der aufgehenden Sonne. In welcher Richtung die Muslime betend sich auf ihrem Teppich verneigen, wissen wir.

Sie orientieren heisst, sich auf einen bestimmten Punkt ausrichten, vom Ort aus, wo man steht. Alle dürfen sehen, wo man steht, welchen Standpunkt man hat.

Ich bin gerne Sprachtüftler und gehe den Wörtern auf den Grund, weil ich wissen möchte, was sie bedeuten. Dies ist die Sprach-Weiterbildung, die ich so ganz für mich privat betreibe. Sie bedeutet mir viel; oft kann mich dieser Umgang mit der Sprache recht ergötzen, und ich fühle mich bereichert. Ich glaube, die Sprachpflege beginnt da, wo man zu ergründen sucht, was hinter einem Wort oder in einem Wort drin steckt. Ja, ist uns denn zum Beispiel noch bewusst, was das Wort „Schreiner“ eigentlich bedeutet, und was ein Schrein oder gar ein Totenschrein denn ist?

Unter all den vielen gut gemeinten Ratschlägen, die der Schule heute erteilt werden, stechen die hervor, die mit Sprachen, sprich mit Fremdsprachen im Zusammenhang stehen:

  • welche Fremd-Sprache zuerst?
  • in welcher Klasse damit beginnen, natürlich ganz spielerisch zuerst?

Ernst wird’s dann aber schon, wenn die Lehrpersonen ihre Meinung über erbrachte Leistungen mit einer Zahl ins Zeugnis schreiben.

Wegen der vielen Schüler, denen auch das Deutsche ein Fremdsprache ist, beginnt man sich – zum Zweck der Integration fremdsprachiger Kinder natürlich – wieder auf der Pflege der deutschen Sprache zu besinnen. Deutsch soll vermehrt gepflegt werden. Das schon im „Chindsgi“ !

Der Wille zu konsequenter Pflege des Deutschen treibt dabei seltsame Blüten. Ich kann mir schlicht und einfach einen Sing-, Zeichen- oder Turnunterricht, der in Hochdeutsch erteilt werden soll, nicht vorstellen. Ach, welchen „Gump“ müssen die Lehrerinnen und Lehrer hier wieder machen! Moment mal, darf man „gumpen“ im Turnen so einfach gebrauchen? Ich weiss es nicht; vom Bildungsdepartement wird gefordert, aller Unterricht sei in einem guten Gebrauchs-Hochdeutsch zu erteilen. Ist „gumpen“ noch Gebrauchs-Hochdeutsch?

Einfach wär’s gewesen, man hätte, wie vor 50 Jahren in den Seminarien noch gefordert, in den Hauptfächern konsequent und gepflegt schriftdeutsch gesprochen. Jede Geographie,- Geschichts, - Mathematik und weiss ich was für Stunde, sei auch eine Deutsch-Stunde! So hiess es. Irgendwie einleuchtend.

Dann hielten in Schule und Kirche verschiedene, gut gemeinte Mundartwellen Einzug. Und niemand dachte über die Nase hinaus, welche die Folgen dies für das Sprechen und Verstehen des Hochdeutschen hatte. Die Bitten der Romands, der Ticinesi und der Ausländer, wir möchten uns ihnen zuliebe doch des Hochdeutschen bedienen, blieben ungehört.

Und jetzt betet man auf den Erziehungsdepartementen zum lieben Sprachgott auf den Knien: „Mach, das alles wieder so kommt, wie es mal war! Amen“.