Gedanken zur Zeit im 
Februar
 
2011
 

Landschaftliches

Feld und Flur, Wald und Landschaft genau anschauen: Das war der Rat eines meiner Lehrer schon in meiner Jugend. Schauen, was da in Jahrhunderten, ja in Jahrtausenden passiert ist und noch heute passiert, wie sich eine Landschaft verändert, was wo ist, und warum es so ist. Ich habe im Laufe der Jahre gelernt, die Landschaft zu lesen.

Bäche und ihre Läufe faszinieren. Schon das kleine Bächlein im Walde fragt mich, ob ich denn weiss, wohin es fliesst. Aha, es hat, zum Bach angeschwollen, in langen Jahren dieses Tobel in den Hang gegraben. Bäche haben Täler ausgeschwemmt, Ebenen aufgefüllt und bei der Mündung in den See ein Delta gebildet. Mit offenen Augen eine Landschaft erwandern heisst, stets auf Entdeckung aus sein. Karte und Kompass sind immer dabei. Ob ich denn nicht langsam keine Karte mehr brauche, wollten kluge Leute schon wissen. Sie haben eben keine Ahnung davon, wie ich auch in der Karte die Landschaft lese.

Dieses Lesen hat seine besondere, fast möchte ich sagen, intime Seite. Ich lese, sinniere zurück, in alte Zeiten der Erdgeschichte. Ich stelle fest und behalte alles in meinem Sinn. Vielleicht komme ich mal darauf, was die Welt im Innersten zusammen hält?

Ich bin kein bekennender Naturfreund, kein organisierter Vogel- und Naturschützer, keine systematischer Wanderer, schon gar kein Gruppenwanderer. Ich will einzig mit der Erde Kontakt haben, mit allen Sinnen offen sein für alles, was ich zu Fluss er-wandern oder mit meinem Velo er-fahren kann. Das erhabenste Gefühl ist es dabei, mit der Welt eins zu sein.

Ich bin kein Umweltschützer. Sie sind mir suspekt; sie scheuen vor Reglementen und Verboten nicht zurück. Am liebsten wäre ihnen ein Kodex, an den sich die anderen bitte zu halten hätten. Die modisch gewordene Heuchelei, für die Umwelt etwas tun zu sollen, widert mich an: Wird für einmal die Bahn benützt statt das Auto, hat männiglich schon das Gefühl, der Natur etwas zuliebe getan zu haben.

Nein, ich lasse mir mein persönliches Verhältnis zur Natur nicht verkleckern durch Leute, die mir Naturbewusstsein verordnen wollen. Ich plädiere für freies Denken und für alles schöne Erleben mit den Menschen dieser Erde. Ich meine, man komme von alleine darauf, seine Mitwelt zu ehren und zu lieben. Mit allem, was man von Herzen liebt, geht man pfleglich um. Es geht mir darum, die Erde liebend zu erkunden. Aller Durst nach dem Wissen um Zusammenhänge hat sich noch immer von selber eingestellt.

Immer steht mir das Gedicht von Matthias Claudius im Sinn:

Ich danke Gott und freue mich
wie’s Kind zur Weihnachtsgabe,
dass ich bin, bin, und dass ich dich,
schön menschlich Antlitz habe,

dass ich die Sonne, Berg und Meer,
und Laub und Gras kann sehen
und abends unterm Sternenheer
und lieben Monde gehen,

Und dass mir denn zu Mute ist,
als wenn wir Kinder kamen
und sahen, was der Heilge Christ
bescheret hatte, Amen.