Gedanken zur Zeit im 
März
 
2008
 

Nah-Erholungs-Gebiet vor der Haustür

Vor einigen Tagen beklagte sich eine junge Frau über mein Dorf. Es fehle an Spielplätzen für Kinder, an lauschigen Ecken für Erwachsene, an attraktiven Läden, et cetera.

Auf dem Coiffeur-Stuhl sitzend wollte ich dann diese Vorwürfe dann nicht einfach gelten lassen und sagte der Dame, ganz nah am Dorfrand beginne der Rietenbergwald, ein Naherholungsgebiet par excellence! Dort sei ich des öfteren unterwegs, treffe aber selten Leute an; vor allem keine Eltern mit Kindern, keine Erwachsenen, weder mittelalterliche noch Senioren. Unser Wald böte aber zu jeder Jahreszeit und bei jeder Witterung der Gelegenheiten viele zum Ausspannen und zur Erholung, zum Spazieren und Wandern, für Beobachtungen in der Natur; vor allem dann, wenn man im Laufe der vier Jahreszeiten immer wieder an bestimmten Punkten vorbei komme.

Soweit das Gespräch mit meiner Coiffeuse.

In den letzten Jahren erlebte man es zunehmend, dass viele Leute ihren Wald nicht kennen. Darunter gibt es solche, die schon auf allen möglichen Flugplätzen der Welt gestanden und sich an Stränden diverser Meere geräkelt haben, dafür den Weg von Villmergen zum Eichberg oder nach Seengen nicht kennen.

Wenn ich jetzt im Vorfrühling so durch den Wald gehe, höre ich an mehreren Orten, dass da und dort jemand arbeitet, sägt oder mit der Axt oder mit dem Gertel am Werk ist. Schöne Begegnungen sind es allemal, mit Leuten, die ein „Hölzli“ ihr eigen nennen, ins Gespräch zu kommen. „Jetzt weiss ich, woher dein inneres Gleichgewicht, deine Zufriedenheit und deine Zuversicht hast“, sagte ich zu meinem Gesprächspartner und Hobby-Forstbesitzer.

„Hast du den Seidelbast gesehen, und wie schön er jetzt da oben blüht?“ fragte er mich. „Komm, ich zeig ihn dir!“
Gibt’s denn etwas vergleichbar Schöneres, als den blühenden Seidelbast?

Und es kam mir Hermann Hesses Gedicht in den Sinn:

Im Walde blüht der Seidelbast,
Im Graben liegt noch Schnee;
das du mir heut geschrieben hast,
das Brieflein tat mir weh.

Jetzt schneid ich einen Stab aus Holz,
ich weiss kein ander Land,
da sind die Jungfern nicht so stolz
der Liebe abgewandt.

Im Walde blüht der Seidelbast,
kein Brieflein tut mir weh,
und das du mir geschrieben hast,
schwimmt draussen auf dem See,
schwimmt draussen auf dem Bodensee,
ja draussen auf dem See.

Ich werde bald wieder hingehen, um zu sehen, wie er weiter blüht.