Gedanken zur Zeit im 
September
 
2009
 

Rund um die Metzgete

Es ist wieder die Zeit der Metzgeten. Ich schneide mir die Anzeigen aus der Zeitung aus und klebe sie auf einen Zettel. Irgend einmal möchte ich auch ins Restaurant gehen und Metzgete bestellen. (Am besten am früheren Abend, denn dann kann ich in der darauf folgenden Nacht ruhiger schlafen). Dazu ein gutes Glas Schweizer-, am besten Aargauerwein.

Am liebsten irgendwo im Freiamt. Da ist die Metzgete am besten.

Ich begreife nicht, warum man für eine Metzgete ins Schenkenberger-Tal fahren soll. Am Lindenberg ist die Metzgete ebenso gut. In den Leberwürsten Im Berner Aargau haben sie noch gern Wybeeri.

Gemetzget wird heute selten noch zu Hause. Diese Zeit des Störmetzgers, des Metzgers also, der zum Metzgen ins Haus kam, ist vorbei; wir haben es als Kinder noch erlebt. Auch heute braucht’s für eine Metzgete selbstverständlich noch immer einen guten Metzger, der seine speziell feinen Rezepte hütet und sie niemandem verrät. Es braucht dann noch die gute Köchin, die dafür sorgt, dass alles fein zubereitet auf den Tisch kommt.

Blut-, Leber- und Bratwürste sind die Hauptsache. Letzthin las ich zwar in einem Inserat, man könne auch Schweinsleberli haben. Das ist mir neu. Schweinsleber gehört doch in die Leberwurst, oder nicht? Und neuerdings die Schlachtplatten mit dem Allerlei drauf? Irgendwie eine Wohlstandserscheinung, wenn man bedenkt, wie einfach früher alles war.

Nicht alle Leute hatten ein Schwein im Stall. Wer eines oder zwei hatte, war schon auf der besseren Seite. Am Bremgarter Mèèrt wurden im Frühjahr zwei Ferkel gekauft und gemästet. Das eine Schwein wurde, wenn es das Idealgewicht hatte, dem Metzger verkauft. Mit dem Erlös konnten die Fütterungskosten gedeckt werden. Das andere Schwein wurde an einem kalten Wintertag geschlachtet, in der Stande gebrüht und geschabt. Die Blut- und Leberwürste wurden im Chessi geschwellt, bei nicht zu hoher und nicht zu niedriger Temperatur.

Im Fricktaler lernte ich den Brauch des Wurstzettels kennen. Beim Wurstmahl fanden sich Familie, Verwandte, Nachbarn und Freunde am Abend des Schlachttages zum festlichen Essen zusammen.

Dann trafen sich am Abend auch einige Jugendliche und schrieben einen Wurstzettel. Dieser wurde dann in einer Kartonschachtel, beschwert mit einem Holzscheit, verpackt und zugeschnürt. In der Dunkelheit wurde die Schachtel in den Hausgang bis an die Stubentüre geworfen, Es musste poltern, damit die Leute der „Gaschterei“ es hörten und ein wenig erschraken, aber es sollte geheim bleiben, wer den Zettel – meist in Gedichtform – verfasst hatte. Die Schachtel wurde dann mit Würsten und anderen guten Sachen gefüllt, vor die Türe gelegt und von den Jugendlichen heimlich wieder abgeholt.

In der Schweiz gibt es einen Verein „zur Hebung des Ansehens der Blut- und Leberwurst“. Bravo, finde ich gut.

Und: Gute Katholiken aus dem Kirchenchor Villmergen begaben sich nach gehabter Singprobe am Freitagabend dann und wann zur Metzgete nach Büttikon in die Post oder zum Lunzi, bestellten dort die Blut-, Leber oder Bratwürste. Mit dem Verzehr warteten sie allerdings bis nach zum Mitternachts-Zwölfuhr-Schlag im Büttiker Kapellenturm. Grund: Beachtung des des damals noch geltenden freitäglichen Abstinenzgebotes.

Es musste dann aber „hantli“ (geschwind) gehen mit dem Essen; die Gefahr wegen Übersitzens lauerte als weitere, polizeilich zu ahndende Straftat.

Das waren doch noch Zeiten! Weder die kirchlichen noch die staatlichen Gebote werden heute vermisst.