Gedanken zur Zeit im 
Januar
 
2009
 

Weihnachtsstern – mit 5 Zacken?

Fröhlich leuchtet ein grosser fünfzackiger Stern, Pentagramm oder Drudenfuss geheissen, in der Weihnachtszeit über dem Haupteingang der Villmerger Kirche. Und niemand nimmt Anstoss. Ist halt einfach „der“ fünfzackige Stern.

Das Geheimzeichen des Pentagramms wurde schon immer – auch im christlichen Bereich – als Abwehrzeichen gegen dämonische Mächte verwendet. Es ist ein magisches Zeichen, und als solche bildet es eine Brücke zur Geisterwelt.

Als Schutz gegen Dämonen ritzten die Bauern das Pentagramm zum Beispiel in die Stalltüren. Als Hexen abwehrendes Zeichen wurde es auch an Spychern angebracht. Um Geister fernzuhalten, brachte man den Trudenfuss auf Türen, Betten oder Wiegen an, wobei das Zeichen sauber gezogen sein musste, um seine Wirkung zu entfalten.

In Goethes Faust, der Tragödie erster Teil, erbittet der Teufel Mephisto von Faust die Erlaubnis, den Raum, den er kurz zuvor betreten hatte, wieder verlassen zu dürfen. Das nach alter Tradition auf die Schwelle gemalte Zauberzeichen hatte seine Wirkung verfehlt, weil es nicht exakt gezeichnet worden war.

Mephisto sagt:
„Gesteh ich’s nur! Dass ich hinausspaziere
Verbietet mir ein kleines Hindernis,
Der Drudenfuss auf eurer Schwelle“ –

Faust antwortet:
„Das Pentagramma macht dir Pein?
Ei, sage mir, du Sohn der Hölle,
Wenn das dich bannt, wie kamst du denn herein?
Wie ward ein solcher Geist betrogen?“

Mephisto nun:
„Beschaut es recht! Es ist nicht gut gezogen;
Der eine Winkel, der nach aussen zu,
Ist, wie du siehst, ein wenig offen.“

Noch im 20. Jahrhundert hat der bekannte englische Schwarzmagier Aleister Crowly das Pentagramm für die Anrufung und Bannung von Geistern benutzt. Sein gesamtes magisches Wissen hat der Autor im Buch „Magick in theory and practice by the Master Therion“. Der letzte Nachdruck des im angelsächsischen Raum bekannten Werkes stammt aus dem Jahr 1991.

Und nun zurück zu den vielen Tausenden von fünfzackigen Sternen, die über die Weihnachtstage allgegenwärtig waren. Warum stört der fünfzackige Stern denn niemanden? Zwar hatte ich schon immer das Gefühl gehabt, dass mit dem fünfzackigen Weihnachtsstern etwas nicht stimmen sollte.

Kurt Lussi * verdanke ich meine neuen Einsichten! In seinem Buch „Im Reich der Geister und tanzenden Hexen“, das von Jenseitsvorstellungen, Dämonen und Zauberglauben handelt, bin ich auf die oben beschrieben Zusammenhänge gestossen (AT-Verlag, 2002).

Ich glaube nicht, nächstes Jahr werde es weniger fünfzackige, dafür umso mehr sechs- und achtzackige Sterne geben. Aber, wer weiss.....

Der sechszackige, aus zwei gleichseitigen Dreiecken zusammengesetzte Stern, wäre allerdings das Siegel Salomons, das Symbol des Judentums. Auch er ist in seiner Form kein Weihnachtsstern.

* Kurt Lussi ist Konservator für religiöse Volkskunde am Historischen Museum Luzern und Betreuer der volkskundlichen Sammlung im Schloss Wyher in Ettiswil. Tätigkeit als Referent an wissenschaftlichen Kongressen, Autor und Ausstellungsmacher. Herausgeber der Reihe „Volksfrömmigkeit und Brauchtum“ sowie freier Mitarbeiter verschiedener Jahrbücher und Fachzeitschriften. Seine Forschungsschwerpunkte sind die Praxis des Volksglaubens und der Volksmedizin im Alpenraum.