Gedicht des Monats im im 
Februar
 
2016
 

Worte des Flüchtlings

Ich habe keine Heimat, kein Gewand,
niemanden mehr, der zu mir hält.
Ich bin gestossen aus der grossen Welt
Und bin, ich weiss, es, ganz in deiner Hand.

Du kannst von Haus zu Haus mich narrend hetzen,
du kannst am Strassenrand mich liegen lassen,
du kannst an meiner Ohnmacht dich ergetzen –
Ich bin zu müde um dich noch zu hassen.

Wie gut ist es, dass Hass verloren geht.
Wenn nur mit mir die die Hoffnung nicht entflieht,
dass irgendwann mich einer doch versteht
und in mir Herz und die Geneigtheit sieht.

Vielleicht ist dies der Liebe tiefster Sinn,
dass ich mich unverdrossen weiterschleppe –
Vielleicht ist irgendwo doch eine Treppe,
am End ein Mensch, dem ich willkommen bin.

Hans Roelli*

Das Gedicht ist veröffentlicht worden in „Hans Roelli, Leben und Werk“, herausgegeben von Carl Alfred Stüssi im Orell –Füssli-Verlag, Zürich 1965. im Badener Tagblatt vom 8.8.87 veröffentlicht von Paul Binkert.

*Hans Roelli, geb. 1889 in Willisau, gestorben 1962 in Zürich.
Lautenspieler und Wanderer – Gelegenheitsarbeiter – Skilehrer in Flims – Kurdirektor, Animator in Pontresina und Arosa – Dichter und Sänger in Zürich und auf der Forch.
Während des 2. Weltkriegs Sänger bei der Truppe im Auftrag von „Heer und Haus“.
Schrieb 1073 Gedichte und ein Dutzend Prosawerke.