Lesen ist für mich schon vom Wichtigsten. Ohne Bücher könnte ich nicht sein. Literatur kann wie Philosophie, Wissenschaft oder Religion die Welt erklären. Literatur ist ein immerwährendes Entfalten von Einsichten.
Gedanken zur Zeit im
April
2017
Ausserordentliche Theaterleistung im Kellertheater Bremgarten
Das Stück heisst „Fiire“. Gut, habe ich an der Einführung teilgenommen. Dort wurde von der Entstehung dieses Stücks erzählt. Diverse Autoren schrieben Stücke zum 50-Jahr-Jubiläum des Kellertheaters (warum das so hisst, obwohl im 1. Stock des Gebäudes gespielt wird: Die Ursprünge liegen im Keller neben der Post Bremgarten, wo am Anfang gespielt worden ist. Der Name wurde beibehalten.
Aus den einsandten Stücken wurden schnipselartig Szenen herausgenommen und mit anderen zusammen zu einem Ganzen gesponnen. Der Eiführung zufolge blieb eine Rest von Szenen, mit denen zusammen nochmals mehrere diverse Aufführung möglich wären. Die Regie wurde dann dem Zürcher Theatermacher Dodo Deer anvertraut.
Das Spiel findet an einem langen Tisch statt. die Zuschauer sitzen hinter den Spielern eigentlich ebenso um den Tisch herum. Hier entfaltet sich lebendiges Theater - oder anders gesagt theatralisches Leben. Alles basiert auf Leben, wie es ist: Leben im Theater oder das Theater des Lebens? Viele Spieler spielen verschiedene Rollen. Einige Szenen, die mich sehr berührt haben, werde ich nie mehr vergessen.
Da ist zum Beispiel die junge Frau, die langsam über den Tisch geschritten daherkommt und vor dem Zug erzählt. In eindrücklichen Sätzen kommt ihr Leid, das sie in dieser Welt erträgt, zur Sprache. Niemand kann ihr Einsamkeit begreifen, ihre Leere führt vor den Zug. Eine traurige Geschichte, die in meiner Verwandtschaft schonpassiert ist, liess mich innerlich erschauern; die Szene hat mich erschüttert.
Streit, Eifersucht, misslungene Liebe…
Ja, in diesem Theater kann man sich als Zuschauer erkennen; auf einmal ist man nicht mehr Zuschauer, sondern einer, der mitspielt.
Wer nun denkt, das Stück „Fiire“ sei ein gar zu ernstes theatralische Werk, der liegt falsch. Köstliche Szenen finden sich neben vordergründig lustigen, bei denen einem auf einmal das Lachen im Hals stecken bleiben kann.
Zwei Dinge haben mich ganz besonders beeindruckt:
Das ist das Ensemble, das Spielerinnen und Spieler aller Altersgruppen umfasst. Also kein Seniorentheater; nein da spielen einige ganz hoffnungsfrohe junge Menschen mit, von denen man einfach positiv angesteckt wird; daneben hat es bestandene Figuren, die überzeugt spielen. Der ehemalige Theaterkulissen-Maler ist so eine Figur; fast wie zugeschnitten auf den Darsteller, der der Stadt Bremgarten während Jahrzehnten kulturell viel gegeben hat.
Als Zweites möchte ich die musikalische Leistung erwähnen. Da sitzt ein mann am Klavier, der selber Mitspieler ist, der ganzen Aufführung aber das musikalische Gesicht gibt. Er hat auch die die Chor-Einlagen einstudiert, arrangiert und in Szene gesetzt. Und das ist doch etwas vom Feinsten, das ich in einem solchen Theater-Umfeld schon gehört haben.
Unten im Kasino wird zur selben Zeit die Operette „Der Vogelhändler“ gegeben. In Wohlen ist der „Sternensaal“ stets wieder ein Ort grosser kleintheatralischer oder musikalischer Events. In Muri die Klosterkirche und die Aufführungen im Festsaal, in der Alten Kirche Boswil hochstehende Musikpflege….
Wer will da noch behaupten, das Freiamt sei kulturelle Provinz?
Im Gegenteil ist es ein reicher kultureller Garten mit bestem Humus und einigen Gärtnerinnen und Gärtnern, die das Handwerk vom Säen und Ernten, vom Wachsen, vom Hegen und Pflegen meisterhaft beherrschen.