Gedanken zur Zeit im 
Mai
 
2008
 

Bauernregeln und Glauben

Im Galarock eines heiteren Verschwenders fahre er in seiner Kutsche grüssend über Land. So schreibt Erich Kästner vom Mai in seinem ebenso liebenswerten wie heiteren Werk „Die dreizehn Monate.

Wer offenen Sinnes von der Natur Notiz nimmt, kann jetzt Wunderbares erleben. Bei einem Spaziergang am Auffahrtstag fragte ich mich, wie diese oder jene Pflanze am Wegrand heisst. „Den Namen hast du doch früher gewusst!“ musste ich mir dann wieder sagen. Vergessen!

Ich sollte mir ein einfaches Bestimmungsbuch anschaffen, das weiss ich. Dann träten Dutzende vergessener Pflanzennamen aus der Versenkung wieder ins Bewusstsein. So habe ich denn definitiv beschlossen, „Was blüht denn da?“ in meiner Buchhandlung zu bestellen. Es sei eine Frage des Alters, wenn man Namen nicht mehr weiss, die einem früher geläufig waren. Dass es anderen Leuten ebenso ergeht, ist ein kleiner Trost.

Dem Pflanzen- und Tierreich bringt der Mai neues Leben. Doch nicht ungefährdet blühen Bäume und spriessen Saaten um die „Eisheiligen“ Pankraz (am 12. Mai), Servaz (13. Mai), Bonifaz (14. Mai), und Sophie (15. Mai) genannt die „kalte Sophie“. Sophie, ein Name übrigens, der wieder sehr in Mode gekommen ist.

Alten Bauernregeln gemäss liebt man den Mai kühl und nass:

„Mai kühl und nass, füllt dem Bauern Scheun und Fass“
oder
“Mairegen auf die Saaten, dann regnet es Dukaten“.

Ob man den Bauernregeln trauen kann? Ja, meine ich; denn wenn man bedenkt, was alles sonst noch geglaubt wird auf dieser Welt...

Der Frühlingsgedichte gibt’s unzählige. Es scheint, der Frühling habe schon immer Poeten beflügelt und sie in luftige, lichte Höhen getragen. Das „Frühlingslied“ von Ludwig Christoph Heinrich Hölty (1748 bis 1776, gestorben in Hannover) habe ich bis heute nicht gekannt, es aber beim ersten Lesen liebgewonnen:

Die Luft ist blau, das Tal ist grün,
die kleinen Maienglocken blühn,
und Schlüsselblumen drunter;
der Wiesengrund
ist schon so bunt,
und malt sich täglich bunter.

Drum komme, wem der Mai gefällt,
und schaue froh die schöne Welt
und Gottes Vatergüte.
die solche Pracht
hervorgebracht,
den Baum und seine Blüte.

Ist es nicht wunderschön, einfach, wahr, schlicht? Wer’s nicht mag, soll mal versuchen, ein besseres schreiben.