Gedanken zur Zeit im 
Juli
 
2012
 

Berge locken

Wenn ich nochmals von vorne anfangen könnte, möchte ich wissen, wie all die Berge heissen, die man an einem Föhntag vom Maiengrün-Turm aus sehen kann. Es gibt Leute, die alle Berge mit Namen kennen, und einige gar schon bestiegen haben. Ich bewundere solche Leute. Von vielen Bergen wissen sie auch Geschichten zu erzählen. Manchmal beneide ich diese Bergkundigen um ihren speziellen Erfahrungsschatz.

Waren es früher eigentlich wenige Berggänger, Alpinisten, Bergsteiger oder gar Kletterer, die „in die Berge gingen“, sieht heute alles ein wenig anders aus. Die Bergewelt ist zu einem „touristischen Produkt geworden, das vermarktet werden muss.“ (Originalton Hoteldirektor oder Tourismusdirektor; ich kann nicht mehr sagen, wer, und wie er hiess) an einer Fernsehdiskussion. So also ist das. 

Da wundert man sich nicht, wenn immer mehr Leute in den Bergen verunfallen. Wenn ich höre, dass jährlich gegen 20'000 Leute den Montblanc besteigen, kann ich nur staunen, wie so etwas möglich ist. Eigentlich logisch, dass es mehr Unfälle gibt als früher, wenn die Zahl der Berggänger zunimmt. Offensichtlich nimmt auch die Zahl derer zu, welche die Bergwelt mit ihren Gefahren unterschätzen.

Als gewöhnlicher Bergwanderer muss man den Pfad mehr und mehr mit den Bikern teilen. Mit gutem Willen sei das ohne Weiteres möglich, dass man aneinander vorbeikommen sollte. Ist ja schön, wenn es klappt.

Ist der Grund für die grosse Risikobereitschaft in den Bergen die hoch spezialisierte  Organisation mit den Rettern in den Helikoptern? Solang der Bernhardiner Barry nicht fliegen könne, brauche es die Rega, wird in einem Fernseh-Spot gezeigt. Ich finde das überhaupt nicht lustig und eigentlich eine Beleidigung für den Barry mit dem Fässchen am Halsband. Wo bleiben da die sensiblen Hundefreunde mit ihrem Protest?

Da wäre noch der Wintersport. Da die Schneegrenze immer höher steigt (aber schon seit 50 Jahren, als man von Erderwärmung noch nichts wusste) baut man jetzt Sportanlagen in immer höheren Lagen; unten wird Kunstschnee aus Schneekanonen auf die aperen Alpweiden geschossen. Kein sommerliches Thema; aber die Schneekanonen für den kommenden Winter werden jetzt, im Sommer, eingerichtet.

Trotz all dem „Bergzeug“ denke ich auf dem Maiengrün-Turm am besagten Föhntag an das Gedicht vom „Weissen Spitzchen“ von Konrad Ferdinand Meyer, das über den Wald blickt, das ruft, zieht und eine gewaltige Sehnsucht nach den Bergen evoziert. Der Schweizer Dichter Conrad Ferdinand Meyer hat es zu einer Zeit geschrieben, als die Berge noch kein Produkt waren, das vermarktet werden musste.

Wer das Gedicht (vielleicht wieder einmal) lesen möchte, findet es unter „Gedicht des Monats Juli“ auf dieser Website