Gedanken zur Zeit im 
August
 
2015
 

Der Sommer war sehr gross

Er hat mir sein wunderbares Gesicht gezeigt vor allem an vielen Abenden, an denen ich auf der Terrasse den Sternenhimmel schauen konnte. Schüchterne Versuche, mit meinem täglichen Astronomie-Newsletter etwas Ordnung in das Sternenzelt zu bringen, endeten in nicht selten einfach in einem Glücksgefühl; und immer war es wieder die „Sternseherin Liese“ von Claudius, die mir in den Sinn kam:

„Sie gehn da hin und her zerstreut
als Lämmer auf der Flur
In Rudeln auch und aufgereiht
wie Perlen an der Schnur“.

Am Abendhimmel immer wieder die Flugzeuge, die mit ihren Lichtern die Sternenwelt durchpflügen. Es soll neuerdings eine App geben, die mir sagt, wohin der Riesenvogel fliegt, woher er kommt, welcher Fluggesellschaft er gehört et cetera . Ein Linienpilot aus der Verwandtschaft fliegt für Swiss; er sagte mir, dass das Flugzeug nach elf Uhr nachts, das über dem Rietenberg nach Süden abdreht, nach Japan fliegt. Flugzeuge am Nachthimmel sind wunderbare Geräte, die von menschlichem Pioniergeist zeugen und Geschichten erzählen.

In meinem Quartier habe ich Leute an schönen Sommerabenden schwatzen und lachen hören. Aber nie haben sie gesungen; das war doch vor ein paar Jahrzehnten noch anders, oder nicht?

Wie ist es, wenn ich daran denke, dass in diesen Nächten Hunderte, gar Tausende versuchen, in den Klapperbooten verbrecherischer Schlepper oder in Gummibooten das europäische Festland zu erreichen. Mich nerven die Grossmäuler von europäischen Politikern, die diesem Drama völlig hilflos ausgeliefert, irgendwo Sitzungen zum Thema Migration abhalten.

Ja, der grosse Sommer hat mir auch Brombeeren und Himbeeren entlang schattiger Waldwege geschenkt. Es sind die Urformen der grossen Beeren, die in schönsten Verpackungen in den Läden zu kaufen sind. Aber reife Beeren im Wald sind aromatischer. Die diesjährigen Beeren, besonders die Erdbeeren, seien nicht so aromatisch gewesen wie sonst, hört man. Ich weiss, wo sie noch Aroma haben: im Wald. Und beim Bauer Keusch in Hilfikon. Der hat noch Kulturen der kleineren Sorte. Und die sind viel aromatischer als die neuen, grossen Erdbeeren, wie sie in in den letzten Jahren mehr und mehr herangezüchtet worden sind.

Ja, es war ein grosser Sommer. Die Trockenheit mag zu kleineren Ernten führen. Aber ist es wichtig, dass sie Jahr um Jahr grösser sein müssen? Gefehlt haben auch die Unheilpropheten nicht, die uns weismachen wollen, mit den hohen Sommertemperaturen und mit immer grösseren Trockenperioden gingen wir einer schlimmen Zukunft entgegen.

Ich glaube dem Propheten, der als Experte daherkommt, rein gar nichts mehr.