Gedanken zur Zeit im 
Oktober
 
2015
 

Ein Beitrag zur Eroberung des Aargaus von 1415

Historische Grenzen haben ihren Einfluss auf das Leben in unserer Umgebung noch nicht verloren. Geschichte kennen heisst, ein Stück Heimat finden. Wer weiss, dass die die Grenze zwischen dem Berner Aargau und dem Freiamt im Jahre 1598 durch über 20 Grenzsteine markiert worden ist? Sie wurden in Lenzburg aus Mägenwiler Muschelkalk bearbeitet und von den Bernern gesetzt. Auf der einen Seite ist der Berner Bär, auf der andern die Freiämter Säule in den Stein gehauen.

Meine Nachbargemeinde Dintikon gehört zum Berner Aargau, da sie im Bezirk Lenzburg liegt. Hier findet man die Gaststätte „Zum Bären“. Im Berner Aargau ist ein „Bären“ in vielen Dörfern anzutreffen. Im Freiamt und in der Innerschweiz sind es Adler, Löwen und Ochsen, nach den Attributen der Evangelisten Markus (Löwe), Lukas (Ochse) und Johannes (Adler). In Dintikon wird – weil im Berner Aargau gelegen - mit französischen Jasskarten gespielt; in der Nachbargemeinde Villmergen, weil im Freiamt gelegen, mit deutschen. Mit der Reformation wurde der Berner Aargau reformiert, das Freiamt blieb katholisch.

Zurückzuführen ist der Sachverhalt auf die Zeit der Eroberung des Aargaus durch die Eidgenossen. Ich scheue mich nicht, das Wichtigste zu wiederholen (typisch Lehrer, werden einige Leute denken) und folge dem Text von von Walter Schneeberger, Max Jufer und Rudolf Wirth in: Jahrbuch des Oberaargaus 2003.

Die Berner treffen am 18. April1415 vor Zofingen ein und übernehmen die Stadt. Sie erobern Aarburg und die Wartburg und und ziehen nach Aarau.
Angesichts ihrer Übermacht ist der Widerstand fast überall gering.
Lenzburg öffnet sogar ohne zu zögern seine Tore. Kleinere Scharen bezwingen verschiedene Burgen auf dem Land.
Die Berner zwingen in 17 Tagen 17 ummauerte Städte und Burgen zur Übergabe, nämlich:

Aarburg
Wartburg
Wikon
Rued
Liebegg
Trostburg
Hallwil
Lenzburg
Wildenstein
Wildegg
Brunegg
Habsburg
Stein zu Baden

Dazu die Städte
Zofingen
Aarau
Lenzburg
Brugg.

Sechs Tage nach Zofingen ergibt sich die Stadt Brugg den Bernern. Die Habsburg geht dem gleichnamigen Herrschergeschlecht verloren. Einzig die Bewohner der Burgen Wildegg, Brunegg und Lenzburg leisten Widerstand. Nach rund zweiwöchigem Feldzug macht sich das Gros der Berner auf den Heimweg.

Die Luzerner ziehen am 17. April aus und belagern Sursee. Mit der Drohung, ihr Gebiet zu verwüsten, zwingt Luzern die Ämter Meienberg und Richensee, sich zu unterwerfen.

Eine zweite Luzerner Kolonne vereinigt sich vor Mellingen mit den Zürchern und belagert die Stadt drei Tage lang.
Die Zürcher besetzen das Freiamt Affoltern und dringen über Dietikon nach Mellingen vor. Nach dessen Kapitulation ziehen sie mit den Luzernern nach Bremgarten.

Erst während der Belagerung Bremgartens stossen die Truppen von Schwyz, Unterwalden, Zug und Glarus zu den Luzernern und Zürchern. Die Gegend um Villmergen schliesst sich freiwillig Luzern an. Am 24. April regelt ein Waffenstillstand mit Bremgarten den Übergang der restlichen Freiämter Gebiete an die sechs kriegführenden Orte.

Das Heer der Sechs Orte zieht nach Baden und beginnt am 25. April mit der Belagerung. Die Stadt leistet unter dem österreichischen Landvogt Burkart von Mansberg starken Widerstand. Mansberg gibt am 3. Mai die Stadt auf und zieht sich mit seiner Mannschaft auf die Festung Stein zurück.

Die Berner, bereits in der Gegend von Wildegg auf dem Rückmarsch, werden mit einem Teil ihrer Kräfte zu Hilfe gerufen. Am 9. Mai treffen sie in Baden ein und eröffnen aus der «Grossen Büchse», ihrem einzigen Geschütz, das Feuer auf die Burg. Der gewaltige Knall bewirkt mehr als die Kugeln. Mansberg geht am 11. Mai einen Waffenstillstand ein und ergibt sich sieben Tage später, da keine herzoglichen Truppen zu Hilfe gekommen waren.

Die Sieger schleifen sofort die Festung. Nach nur einem Monat haben sie den Feldzug praktisch verlustlos beendet.