Gedanken zur Zeit im 
September
 
2015
 

Kunstmuseum in Vaduz und Villmerger Kunstsinn

Ein ganz modernes Kunstmuseum hat es in Vaduz; der Besuch ist ein Muss schon wegen des Baus: mitten in Vaduz ein schwarzer Kubus. Der moderne Museumsbau der Schweizer Architekten Morger & Dettli und Christian Kerez wurde im Jahr 2000 in Betrieb genommen. Er beherbergt eine bedeutende Sammlung moderner Kunst und ist gleichzeitig die offizielle Kunstsammlung des Fürstentums Liechtenstein.

Auf drei Etagen sind die Ausstellungsräume verteilt. Man erreicht sie über lange Treppen. Wer sie nicht schafft, dem steht der geräumige Lift zur Verfügung. Der Eingangsbereich mit der Kasse und einem grossen Café bietet den neugierigen Besuchern einen lichtdurchfluteten Willkomm.  Das ist die Überraschung sondergleichen, nachdem man vom Aussen mit den glatten schwarzen Steinplattenwänden durch den relativ engen Eingang ins Innen getreten ist. Man findet sich wieder in offenen, hellen und freundlichen Räumen, sozusagen in einer Grenzüberschreitung vom Sinnlichen zum Übersinnlichen, vom Dunkel zum Licht, vom Realen zum Geistigen.

Das Kunstmuseum Vaduz zeigt gegenwärtig Malerei und Plastik von der klassischen Moderne bis zur Gegenwart. Darunter finde ich ein Werk des Schweizer Künstlers Gottfried Honegger (*1917). Er hat an meinem Wohnort Villmergen nur schlechte Erinnerungen. Die leidige Geschichte will mir nicht aus dem Sinn; es ist die folgende:

Beim Bau der Schulanlage Hof im Jahre 1968 erhielt Honegger auf Empfehlung der beiden Architekten Flück und Vock den Auftrag für einen künstlerischen Schmuck. Auf der grossen Wand beim Eingang realisierte Honegger ein Relief, und vorne auf dem Platz kam eine etwa drei Meter grosse Plastik zu stehen, die mit Halbkugel, Viertelkugel und Dreiviertelkugel ganz in Weiss eine wunderbare Beziehung zur Wand herstellte. Die heikle Stelle war der Fuss der Plastik. Nachdem ein erstes Mal ein Riss festgestellt worden war, kam das Kunstwerk in die Reparatur, und nach einem zweiten Mal wurde es abgeräumt und im Bauamtsmagazin eingelagert.

Nachdem sich Honegger nach dem Aufenthalt „seiner“ Plastik erkundigt hatte, bekam er den Eindruck, dass die Villmerger Behörde kein Interesse für eine Wiederplatzierung zeigte. Honegger durfte seine Plastik wieder mit nach Hause nehmen. Sein Frust und seine Wut waren verständlich.

Heute steht die Plastik im Park der ETH in Zürich und wird von Leuten aus allen Erdteilen als eines der bedeutenden Werke des grossen Schweizer Künstlers bestaunt. Ein kleines Stück Villmergen vor der ETH Zürich (!)

Die Villmerger Banausen von damals leben nicht mehr. Ich bin noch da mit schlechtem Gewissen, weil ich mich damals nicht eingemischt hatte. Aber irgendwann war es für eine Intervention zu spät gewesen.

Wahrscheinlich bin ich der einzige, welcher der Plastik von Gottfried Honegger nachtrauern. Auch Gottfried Honegger, bald hundert Jahre alt, lebt noch.