Gedanken zur Zeit im 
Oktober
 
2014
 

Ein Orgelkonzert mit Niveau

Am Sonntag, 12.10. verliess ich die Villmerger Kirche nach dem Konzert  mit guten Gefühlen. An der Orgel hatte Patrick Fritz-Benzing aus Karlsruhe ein Programm nach meinem Gusto gespielt, mit Werken von Bruhns, Kerll, Bach, Cage (er musste als Scharnier zwischen Klassik und Romantik herhalten), Schumann und Mendelssohn. Was mich gefreut hatte, war die Überzeugung, dass da ein Künstler an der Orgel gesessen hat, der mit dem Raum Kontakt aufgenommen hatte, bevor er seine Stücke zum Besten gab. So war alles - trotz der etwas halligen Akustik der Kirche - absolut durchhörbar und verständlich. Wenn darauf nämlich nicht geachtet wird, gleicht ein Konzert einer Vorlesung, die so schnell gesprochen wird, dass man die Sätze nicht versteht, geschweige denn vom Inhalt etwas mitbekommt. Da war ein Meister am Werk, der  musikalische verständliche Reden zu halten sich gewohnt ist.

In diesem Sonne ein grosses Kompliment an den Interpreten der grossartigen Werke. Wie war es doch wieder mal schön, zu hören, von welch herrlicher Gravität Fantasie und Fuge in g BWV 542 leben. Das lebhafte Thema der Fuge war im wahren Sinne des Wortes voll Leben, da alle Stimmen verstanden werden konnten. Im Pedal hätte es vielleicht noch einer Kopplung eines Manuals bedurft, so dass dies unterste Stimme noch etwas besser zur Geltung gekommen wäre. Das Rückpositiv oder das Kornett im Brustwerk böten sich dafür ideal an.

Von der Villmerger Orgel sind ungezählte wunderbare Klangkombinationen zu erwarten. Der Organist hatte sie gesucht und gefunden. Das Prinzipalregister im Hauptwerk birgt bei jedem Zuhören neue Klangwunder. Der Organist wusste die Flötenregister mit ihren eigenen Charakteren fein künstlerisch einzusetzen.

Was noch beizufügen wäre: Kyrie, Christe, und Kyrie Gott heiliger Geist (aus dem 3. Teil aus Bachs Clavierübung) erhalten ihre volle Bedeutung dann, wenn den drei Orgelversen logischerweise die gesungenen Melodien folgen. Eine hauseigene Choralschola wäre vorhanden gewesen.

Und: Die „Zugabe“ nach dem verdienten Applaus (persönlich bin ich kein Freund des Klatschens nach einem solchen Konzert; denn irgend eine begeisterte Person in meinem Rücken verunmöglicht mir sicher jedes Mal ein Nachhören und Bedenken des Erlebten in Stille. Aber in diesem Punkt bin ich wohl einer der allerletzten sturen Böcke. Sei es halt .....). Eben, es spricht für die musikalische wie theologische Bildung des Interpreten Patrick Fritz Benzing, dass er als Zugabe das innig grosse „Schmücke dich, o liebe Seele“ von Bach gewählt hat. Es ist die wundersame Ausdeutung des lutherischen Abendmahlsliedes. Wunderschön hat er es interpretiert. Meine „Enttäuschung“: Es fehlte der vierstimmige Choral am Schluss, der den Höhepunkt hätte bilden müssen. So blieb das Vorspiel ein einsames Waisenkind, weil der Vater, eben der Choral, gefehlt hat.
Eine Besinnung auf die Bedeutung von Vorspielen und Präludien sollte von den Organisten wieder eingefordert werden dürfen.