Gedanken zur Zeit im 
Juli
 
2013
 

Soll eine Kirche umgenutzt werden?

Soll eine Kirche umgenutzt werden, weil zu wenig Leute in den Gottesdienst kommen? Diese Frage beschäftigt die reformierte Kirchgemeinde Wohlen-Villmergen. Es geht um die eventuelle Umnutzung der reformierten Kirche, sehr wahrscheinlich dann auch um das angebaute Sigristenhaus (ich nenne es mal so) oder gar um das stattliche Pfarrhaus. Alle drei Gebäude stehen auf einem Grundstück, das heute noch eine wohltuend grosse Grünfläche mitten in überbautem Gebiet Waagmatten in Villmergen bildet.

Zur Einleitung ein Rückblick:
Das Grundstück wurde der Kirchgemeinde von Fräulein Alice Bopp geschenkt, mit der Bestimmung, darauf den Bau einer Kirche für die Reformierten Villmergens zu realisieren. Fräulein Bopp wird es sich nicht so vorgestellt haben, dass im Jahr 2013 darüber diskutiert wird, wie ihre damalige Intention ins Gegenteil verkehrt wird.

Der Bau des Glockenträgers und die festliche Einweihung der drei Glocken (alle gestiftet, mit Namen Glaube - Hoffnung - Liebe)  war sozusagen der Abschluss eines für die ganze Gemeinde gefreuten Werkes;  auch in architektonischer Hinsicht und auch punkto Ausstattung, mit stimmungsvoller Glasmalerei und einer dem Raum wohl angepassten kleineren Orgel mit 9 Registern.
 
Meine These heisst: Die ganze Anlage mit Kirche, samt Sigristenwohnung und Pfarrhaus sei nicht umzunutzen, sondern als Zeuge von damals moderner Architektur unter Denkmalschutz zu stellen. Darüber hinaus muss man sich durchaus fragen, ob im unserem Dorf jeder grüner Fleck überbaut und - was auch immer darunter zu verstehen ist - umgenutzt werden soll.

Die Geschichte der reformierten Kirche ist nicht nur die Geschichte eines schützenswerten Bauwerks. Dazu gehört auch das Wirken verschiedener Pfarrer und einer Pfarrerin im Pfarramt Wohlen-Villmergen und im Dorf Villmergen insbesondere. Was konnte man sich noch Besseres wünschen?

Zur Sache:
Das Eine ist die Notwendigkeit einer Restaurierung der ins Alter gekommenen Bauten. Das Andere ist die Frage über den Sinn und Wert einer reformierten Kirche im Dorf. Diese Frage zu beantworten ist aber weder die Aufgabe von Landschaftsplanern noch von Architekten.  Es ist Sache derer, die den Auftrag haben, „hinauszugehen zu den Völkern und sie zu lehren“. Für die Verkündigung braucht es den Kirchenraum, in dem der Mensch beten, bitten und singen kann, und wo er Zuwendung erhoffen darf.

Vielleicht müsste man die Sache einmal von einer mutigen ökumenischen Perspektive her angehen. Damit meine ich (statt den Fragen nachzuhängen, die seit dem 16. Jahrhundert nicht beantwortet sind), bewusst konfessionelle christliche  Gemeinschaft zu suchen. Dabei soll nicht Gleichschaltung oder das Aufgeben konfessioneller Praktiken, sondern Freude an der Vielfalt gesucht und gelebt werden. Mich verwundert es, dass der einzige ökumenische Anlass im Verlaufe eines Jahres in Villmergen immer nur der Weltgebetstag der Frauen ist.  Ökumene ist es  noch nicht, wenn der reformierte und der katholische Pfarrer gut miteinander auskommen und dann und wann, jeder in seiner eingefärbten Wolle, die wenigen anwesenden Gläubigen mit guten Worten anzusprechen versuchen. Die darauf folgenden „ökumenischen“ Suppen- oder Spaghetti-Abende gehören wohl dazu, haben aber mit eigentlicher Ökumene nichts zu tun.

Zwar weiss ich auch, dass alles nicht so einfach ist, wie es sich liest. Aber es gibt einfache Beispiele, die für den Fortbestand einer reformierten Kirche in Villmergen sprechen:

Bildungsangebote schaffen in Bezug auf das Christsein in der Welt von heute, samt der Auseinandersetzung mit den Erkenntnissen moderner Wissenschaften, samt der Antwortsuche zu Fragen der Erziehung, Schule, christlicher Ethik, et cetera...

Es soll niemand kommen und sagen, das Fernsehen „bringe“ das doch alles schon, oder alles sei im Internet zu haben. Eine lebendige Gemeinschaft, in der diskutiert und nachgefragt werden darf, gibt es weder im Fernsehen noch im Internet.

Für gewisse Kultur-Anlässe eignet sich die reformierte Kirche Villmergens hervorragend.
 
Von Finanzen habe ich nichts geschrieben. Kirchgemeinden hüben wie drüben leben aber meiner Meinung nach nicht schlecht, so lang der Staat für sie den Steuereinzug besorgt.

Meiner langen Schreibe kurzer Sinn:
Umnutzung in den Waagmatten im baulichen Sinne: NEIN,
Ökumenisch denken, Impulse und Neuanfänge: JA