Gedanken zur Zeit im 
Mai
 
2012
 

Betrachtung zur Stimmgabel

Man braucht sie zum Stimmen von Instrumenten. Nach ihrem einzigen Ton „a“ mit 440 Schwingungen in  der Sekunde gibt sie die Richtung für alle anderen Töne. Der Geiger braucht sie für die Stimmung der a-Saite, der Chorleiter leitet vom „a“ der Stimmgabel die Intonationen für die einzelnen Stimmen ab. Im grossen Orchester wird zur Stimmung die Oboe bemüht: sie gibt den Ton „a“ in die Runde, nach dem sich alle anderen Instrumente richten.

Zur absolut genauen Intonation werde heute auch elektronische Tongeber verwendet. Ist ein Leader nicht so sattelfest, schafft er sich anstelle der Stimmgabel eine Stimmpfeife an, wo er die verschiedenen Töne einstellen und an die Sänger oder Spieler weitergeben kann.
Auch so geht’s. Hauptsache, es stimmt dann, wenn begonnen wird.

Meine Stimmgabel! Ich habe sie auch schon in eine Supervision mitgenommen; denn man hatte einen Gegenstand mitzunehmen, der einem lieb sei, und zu dem man eine besondere Beziehung habe, hatte es geheissen.  Bei Supervisionen kommt es auf den Supervisor an. Ich habe das Gefühl, der Supervisor habe nicht verstanden, was ich mit der Stimmgabel zeigen wollte; dass es – soll Harmonie werden – auf den einen richtigen Stammton abhängt.

Also gab ich zu meinem mitgebrachten Gegenstand etwa das folgende  Statement zum Besten:

„Nach ihrem Ton a richten sich alle Instrumente. Ohne dieses Ausgerichtetsein auf den Kammerton läuft nichts. Der Ton wird durch genaues Abhören weitergereicht. Es kann mit dem Musizieren erst begonnen werden, wenn alle Instrumente stimmen. Eine Nachfrage kann und muss es geben, wenn zwischen zwei Instrumenten noch irgend eine Reibung besteht. Wird im Lauf einer musikalischen Aussage offensichtlich, dass irgendwo nicht dieselbe Stimmung herrscht, muss, auf Anordnung des Leiters nachgestimmt werden. Das eine und alles ist also der reine Kammerton a. Er ist der Massstab, nach dem sich alles auszurichten hat.

Als schwingender Körper hat die Stimmgabel eine fast nicht zu bändigende Kraft; denn es gibt kaum einen Körper, der sich seiner Weiterpflanzungskraft entziehen kann. Wo die Gabel in schwingendem Zustand mit einem anderen Körper in Kontakt kommt, werden die Schwingungen übertragen und der neue Körper seinerseits fängt an zu schwingen oder zu klingen. Schwingungen sind es auch, die an das menschliche Ohr dringen, wenn ich höre. Die Schwingungen der Luft dringen an mein Trommelfell und bringen es zum Schwingen.

Die Stimmgabel ist ein lehrreiches, tiefgründig wirkendes, in diesem Sinne aber vielfach unterschätztes Instrument. Musikfachlehrer lehren meist nur, wie man mit der Stimmgabel stimmen kann. Das ist aber nur ein Aspekt meiner Stimmgabel-Philosophie“.