Gedanken zur Zeit im 
Oktober
 
2010
 

Bauen und Einwandern

Wie viel soll denn noch gebaut werden? Was in einigen Dörfern des Freiamts in den letzten Jahren gebaut worden ist, und was gemäss aufgerichteter Profilstangen noch zu erwarten ist, irritiert mich einigermassen. Wer soll denn in allen diesen Wohnungen dereinst wohnen? Bekanntlich vermehrt sich die Schweizer Bevölkerung nicht. Also wird für Nichtschweizer gebaut. Und, wie man vernimmt, gehen die Wohnungen weg wie war frische Weggli. In meiner Wohngemeinde Villmergen unterrichten sie wieder Schulklassen in drei Containern neben dem eigentlichen Schulhaus. Wer hätte das vor ein paar Jahren noch für möglich gehalten?

Fährt man über Land, auf Strassen oder Schienen, bietet sich fast eintönig dieses Bild: Baukräne, Profilstangen auf (vorderhand noch) Äckern und Wiesen, neue Quartiere für die gewöhnlichen Leute und Villen für Vermögende. An den besten Lagen stehen die teuersten Mehrfach-Millionenbauten.

Alte Postkarten mit Luftaufnahmen zeigen Gegenden und von Ortschaften, die vor wenigen Jahren noch ganz anders ausgesehen haben. Nicht zu reden von Ansichten aus den Fünfzigerjahren oder von noch früher. „Schau, so war’s!“ Ja, so war’s einmal.

Alles spricht von Begrenzung der Zuwanderung. Und gemeint wird meist die Zuwanderung aus dem Balkan, aus Osteuropa und aus afrikanischen Ländern. Die wollen wir nicht. Gleichzeitig wird nach qualifizierten Arbeitskräften für den Gesundheits- und Informatikbereich gerufen. Irgendetwas ist aus den Fugen geraten oder – wie es Politiker gerne sagen – aus dem Ruder gelaufen.

Als gewöhnlicher Otto habe ich natürlich auch kein Rezept, wie alles wider in die Fugen geraten und ins Ruder zurücklaufen könnte. Ich bin einer von jenen Naivlingen, die sich fragen, was denn unsere Bundespräsidentin in China an Aufträgen für die Schweizer Wirtschaft sucht, wenn wir doch schon einen Mangel an Arbeitskräften haben. Aber eben, ich verstehe das zu wenig. Trotzdem, ich frage mich: Wer versteht denn noch etwas? Ich habe kein gutes Gefühl. Vor allem auch deswegen, weil ich einen Teil meines Vertrauens in die Politik verloren habe

Wenn von Zuwanderung die Rede ist, beschleicht mich oft Mitleid mit denen, die wir nicht bei uns haben wollen, die aber bereit wären, uns jede dreckige Arbeit abzunehmen. Eigentlich beschäftigen mich Zuwanderer, die mit ihrem vielen Geld alles können, eigentlich viel mehr. Problemlos kaufen sie die noch verbliebenen schönsten Quadratmeter, Aren und Hektaren zusammen, bauen darauf überdimensionierte Villen und treiben die Landpreise derart in die Höhe treiben, dass der gewöhnliche Normalverdiener keine Chance mehr hat, Eigentum zu erwerben. Er zieht vom total überbauten Kanton Zug hinunter ins Freiamt, zum Beispiel.

Aber wer so redet – und sich gar noch zu schreiben getraut – wie ich, wird bald mal Gegenstand von Spott. Ich werde als einer verachtet, der halt nicht drauskommt.

Auf verstopften Strassen und in überfüllten Bahnwaggons ertappe ich mich dann und wann beim Nachdenken über die Frage, ob denn in unserem Lande nicht langsam zu viele Leute leben. Gut, dass sich vermehrt auch jüngere Leute dieselbe Frage stellen.