Gedanken zur Zeit im 
Oktober
 
2012
 

Wandern wie früher

Das Wandern ohne technische Hilfsmittel und Wegweiser meine ich. Also nicht mit dem iPhone, wo mir auf einer bestechend schönen Karte der Weg von A nach B gewiesen wird und mich auf Naturschönheiten, Kunstdenkmäler, schöne Ortsbilder etc. hinweist. Zugegeben: im Falle eines Falles könnte dasselbe Handy gar von von Nutzen sein; etwa für einen, der im Gebirge in einer Gletscherspalte eingeklemmt ist oder es im im tiefen Wald mit Herzproblemen zu tun bekommt.

Wie wohltuend kann es doch sein, den Kopf auf einem Spaziergang oder auf einem Marsch auszulüften, auf andere Gedanken zu kommen, den Körper zu spüren, den Wind im Gesicht oder die Sonne im Nacken. In meinem Falle ist die Heimkehr nach so einem Tripp ist stets mit dem guten Vorsatz verbunden, recht bald wieder auf Schusters Rappen hinaus zu gehen. Doch ist der Geist willig, das Fleisch aber schwach.

Ganz heimlich und verlassen stehen neben ein paar Regenschirmen in meinem Hausflur ein Paar Walkingstöcke. Ich habe sie nie mehr gebraucht, seit ich vor ein paar Jahren auf der Lenzerheide einen Kurs in „Nordic Walking“ absolviert habe. Wie oft habe ich zu meinen Stöcken schon gesagt: Also, nächstes Mal nehme ich euch mit. Und habe es dann doch nicht getan. Der Grund hiefür ist nicht die fleischliche Schwachheit, sondern eine gewisse Feigheit. Die Stöcke wieder einmal benützen möchte ich eigentlich schon, aber als Nordic Walker will ich dann doch nicht gelten. Und die Bemerkung von den „Stockenten“ möche ich nicht hören. Den endgültigen Ausschlag für die Nichtmehr-Benützung meiner Walkingstöcke gab mir die Schilderung eines Kollegen aus dem Fricktal, dem von einer Wanderung Heimwärtswalkenden ein Bauer unter dem Tennstor zurief: „Typisch Lehrer!“

Das alles ist jetzt schon ein paar Jahre her und dürfte heute überhaupt keine Rolle mehr spielen. Vielleicht kehre ich wieder zu meinen Stöcken zurück, nachdem nun alles doch ein wenig selbstverständlich geworden ist. Zwar werden das scheue Wild und die seltenen Vögel auf mich aufmerksam und das Weite suchen, wenn sie von weitem das metallene Klirren meiner Stöcke hören. Schade. So hat alles seine zwei Seiten.

Die alten Hohlwege im Wald am Rietenberg sind von verkehrshistorisch einmaliger Bedeutung. Sie dürften eigentlich nicht als Abfahrtsrennbahn für Biker missbraucht werden. Kürzlich bin ich von einer wild gewordenen Bikerhorde fast spitalreif gefahren worden, hätte mir nicht ein Strauch am Wegrand Schutz und Halt geboten. Der schreckensvolle Spuk war nach wenigen Sekunden zwar vorbei, liess mich mit dem Gedanken zurück, wieder einmal Glück gehabt zu haben. Allgemein bin ich schon der Meinung, dass Fussgänger und Biker auf geeigneten Wegen nebeneinander Platz haben sollten.

Man kann nie wissen, ob man eines Tages nicht auch noch vom Walker zum Biker mutiert. Vielleicht. Vom gewöhnlichen Wanderer zum Nordic Walker war’s ja auch nur ein kleiner Schritt.