Gedanken zur Zeit im 
November
 
2015
 

Weihnachtsmärkte

„Zu unseren Adventsmeditationen sollte auch gehören, dass wir die Ungerechtigkeiten unserer Zeiten bedenken und betrauern. Und unsere Fürbitte sollte unser Beitrag sein im Ringen um dieses Recht. Weder die schon lang eröffneten Einkaufsorgien noch die quietschbunten Weihnachtsmarktinszenierungen haben etwas mit dem Kern unseres Glaubens zu tun. Die Bilder von Hunger und Terror dagegen schon: Sie erinnern uns, dass ohne den Advent Gottes der Welt die Hoffnung ausgehen würde.“
(Impuls zu einer Tages-Lesung)

Und trotzdem war ich an einem Weihnachtsmarkt in Seengen. Der hat dort Tradition. Da bietet man auch Musik in der Kirche an, eine Stunde Orgelmusik und anschliessend ein wunderschönes Programm mit Klavier und Panflöte.

Die Orgel selber hat mich nicht sehr berührt; aber der Organist gab sein Bestes an diesem nicht sehr glücklich disponierten Instrument. Ein deutscher Orgelbauer soll wegen des günstigeren Angebots den Zuschlag erhalten haben. Die Panflötenfrau und ihre Begleiterin haben mich richtig beeindruckt, ja zu Tränen gerührt. Der Geist weht, wo er will, auch in einer Musik, die einfach schön ist. Es kann sein, dass Musik derart bewegt. Das letzte passierte es mir in Italien, als ich während des Kommunionganges hinter mir eine Italienerin so lieblich schön und rein habe singen hören.

Anschliessend an den Seenger Markt: Ich besuchte anschliessend, auf Einladung meiner Enkelin Julia ein Konzert des Jugendspiels Lenzburg. Es war total faszinierend, wie junge Menschen Musik machen. Ganz grossartig präsentierten sich die Schlagzeuger. Das Konzert zeugte von hoher musikpädagogischer Arbeit.

Ich dachte zurück an die Zeit, als ich selber in Musik ausgebildet wurde. Da liegen Welten dazwischen. Niemals hätte man sich in unserem Seminar etwas Ähnliches zu denken getraut. Schlagzeug? Das war des Teufels. Jazz auch. Wer beim Spielen von Musik, die den „Oberlehrern“ nicht passte, erwischt wurde, der bekam nebst einem Rüffel noch eine Geldbusse. Von den Bussengeldern wurde im Rauchzimmer des Seminars ein Radio angeschafft...

Ich muss es frei bekennen: die musikalische Pädagogik isteht heute an einem anderen Ort als zu meiner Zeit. Es ist einiges besser geworden. Und das freut mich. Auf der anderen Seite bin ich fast neidisch auf die, welche sich heute in Musik ausbilden lassen. Sie haben einen breiteren Horizont. Die „Inventionen Bachs“ in Ehren, hoch in Ehren. Aber da wurde früher versucht, etwas in Gehirne zu trichtern, die dafür noch zu klein waren. Die Frage nach richtig oder falsch wurde nie gestellt, weil sie nicht gestellt werden durfte.

Dass heute Vieles besser ist, darf uns alle freuen. Auch meine Enkel und alle Kinder, denen ein fruchtbares Spielfeld angeboten ist.