Buchhinweis im 
Juli
 
2010
 

Übrigens bin ich der Meinung

Andres Furger
NZZ Buchverlag

Nicht alle, die an der Historie interessiert ist, wollen ein systematisches Werk lesen, zu dessen Verständnis es vieler Kenntnisse bedarf. Für mich jedenfalls, der ich an aller Geschichte Freude habe, genügen Lebensberichte und Erzählungen von Leuten, die früher gelebt und etwas geleistet haben. Da kam mir ein Hinweis auf das Buch von Andres Furger, Konservator des Landesmuseums Zürich und Publizist, wie gewünscht.

Dr. Andres Furger hat es unternommen, an der Person von Cato dem Älteren ( 234 bis 149 v. Chr.) einen Ausschnitt römischer Geschichte so darzustellen, dass es für jedermann verständlich und hoch interessant sein muss.

Cato, der römische Konsul, Feldherr, Grossgrundbesitzer, Farmer, Wein- und Olivenbauer ist die Gestalt, an der römischer Alltag spannend, und auf Grund vieler Quellen sauber belegt, dargestellt ist.

Der Untertitel des eher schmalen Bändchens heisst „Der römische Politiker und Landmann Marcus Cato zu Olivenöl und Wein.“ In seinem Tagebuch über die Landwirtschaft beschreibt Cato nämlich in allen Details, wie er ein vorzügliches grünes Olivenöl gewinnt, und zwar auf eine Weise, die der heutigen industriellen Gewinnung des begehrten Öls weit überlegen gewesen sein muss.

Cato presste nämlich nur das Fleisch der Olivenfrüchte, die unmittelbar nach dem Ernten verlesen, gereinigt und sofort verarbeitet werden mussten. Zum Entsteinen stand ihm eine Maschine zur Verfügung, die er in allen Details beschrieben hat. Die zwei aufrechten Mahlsteine waren in ihrem Abstand so genau verstellbar, dass die Fruchtsteine nicht zerquetscht und nur das Fleisch abgerieben wurde.

Heute werden bekanntlich, und nicht zum Vorteil der Qualität des Olivenöls, Steine und Fruchtfleisch zusammengequetscht und gepresst. Catos Öl wurde in grossen Wannen ruhen gelassen, bis sich das in den Früchten auch enthaltene Wasser und die Tresterreste gesenkt hatten. Das Öl schwimmt, bekanntlich leichter als Wasser, obenauf, wurde mit Holzkellen abgeschöpft und in Ton-Amphoren aufbewahrt. Ein Beispiel, wie sich späterer technischer Fortschritt nicht immer zum Vorteil der Qualität auswirken muss.

Auch über den Rebbau ist von Cato viel zu erfahren:

  • Gewinnung neuer Pflanzen durch Stecklinge,
  • Pfropfen und Schneiden der Pflanzen,
  • Kelterung des einfachen Weins für die Sklaven
  • bis hin zu den besten Tropfen für die freien römischen Bürger.

Was ich in dieser wahren Fundgrube über römisches Leben weiter erfahren habe, kann ich nur noch in Stichworten ergänzend notieren:

  • Cato als flammender Redner und schlauer, auch umstrittener Politiker;
  • Cato als Feldherr und Triumphator im Krieg in Lusitanien (Spanien);
  • Cato als Familienvater, als späterer Witwer und Wiederverheirateter mit einer zwanzigjährigen Römerin;
  • Cato als strenger, aber gerechter Herr seiner Sklaven;
  • Cato als auf seine Götter vertrauender, glaubender Mensch;
  • Cato als integre Person, guter Nachbar und Freund;
  • Cato mit seinen charakterlichen Stärken und Schwächen.

Bekannt ist seine lebenslange Sorge um den Schutz des römischen Staates vor der lauernden Gefahr aus dem nordafrikanischen Karthago. Deshalb soll er jede Rede mit dem Satz geschlossen haben: „Ceterum censeo, Cartaginem esse delendam“, was soviel heisst wie „Übrigens bin ich der Meinung, dass Karthago zerstört werden muss!“