Buchhinweis im 
Juni
 
2014
 

Darm mit Charme

Giulia Enders
Ullstein

Eher selten lese ich Bestsellerleser. Mitunter hat es sehr allzu kurzlebige Werke darunter, die ich nicht unbedingt gelesen haben muss. Nun aber erhielt ich Einblick in das Buch „Darm mit Charme“. Ich liess mir sagen, wie grundlegend wichtige Dinge zum Thema Ernährung da drin stünden. Bei einer kurzen Leseprobe auf einem Kindle-Reader war ich entschlossen, das Buch zu kaufen, in Papierform. Und begann zu lesen, lesen, lesen.

Da gibt es doch eine ganz junge Frau, die noch an ihrem Doktortitel arbeitet, am Institut für Mikrobiologie und Krankenhaushygiene forscht und gleichzeitig einen gescheiten, sehr notwendigen, unterhaltsamen Bestseller vorlegt. Darm mit Charme. Nicht nur der Inhalt kommt charmant daher, auch wie er geschrieben ist. Die Schwester der Autorin hat das Werk illustriert, auch charmant.

Unser Darm ist ein fabelhaftes Wesen, völlig unterschätzt als lebenswichtiges Organ. In ihm sind neben dem Hirn die meisten Nervenzellen eingelagert. Alles insgesamt ein grosser Kosmos, auf den wir erst dann aufmerksam werden, wenn er Probleme macht. Durch die Speiseröhre, den Magen, den Dünndarm und den Dickdarm geht die Nahrung, und was dabei alles passiert, ist anschaulich und leicht verständlich beschrieben, so, dass man von der Lektüre kaum mehr loskommt. Allerdings: ich habe mir vorgenommen, das Buch ein zweites Mal zu lesen, wichtige Stellen zu markieren, gewonnene Erkenntnisse zu verinnerlichen und über diesen oder jenen Punkt nachzudenken. Letztlich übernimmt man wie von selber gewisse Ratschläge zur eigenen Gesundheit und entsprechender Lebensweise. Keine Angst, die Autorin wird nie belehrend, moralisierend oder missionarisch. Das ist wohl, neben der fachlich unbestrittenen Kompetenz der Autorin, ein Grund für den Erfolg des Buches.

Ausführlich wird die Rolle des Nervensystems im Zusammenhang mit dem Essen beschrieben. Augen, Nase, Mund, Rachenhöhle, Speiseröhre, Magen und das Gedärme sind ein riesiger Komplex, ein miteinander vernetztes Ganzes. Mir als zum ersten Mal in meinem Leben so richtig bewusst geworden, was denn da rund um die Uhr in meinem Bauch passiert. Darm und Hirn hängen eng zusammen; es wird klar, wie Stress, Depression und gereizte Därme unser Ich beeinflussen.

Das weite Feld der Mikroben und Bakterien, das Immunsystem, die Darmflora, die unterschiedlichen Darmtypen, Erkrankungen und deren Behandlung haben auf 270 Seiten Platz gefunden. Ich wiederhole es gerne: sympathisch und meisterhaft ist dieses Buch verfasst. Es kam 2014 heraus und hat bis dato sage und schreibe 17 Auflagen erlebt. Der Erfolg wird die Verfasserin zu neuen Taten anspornen. Es wäre kein Wunder, wenn wir von Giulia Enders noch viel Weiteres und Heiteres zu lesen bekämen.


Und noch dieses:
Nach dem Kauf in der Buchhandlung Thalia/Meißner in Aarau entfernte ich das Schweizer Preisschild. Ich habe für das Buch Fr. 27.90 bezahlt. In Deutschland hätte ich es für 17 Euro erhalten. Wen wundert's, wenn Schweizer Buchhändler schlechte Geschäfte machen? Womit ich nicht gesagt haben möchte, dass sie allein die Schuldigen sind für die doch einigermassen erstaunliche Preisdifferenz.