Buchhinweis im 
März
 
2015
 

Freudenfrau

Susanna Schwager
Die Geschichte der Zora von Zürich
Wörterseh

Man legt Susanna Schwagers neustes Buch von der Freudenfrau nicht so schnell wieder weg. Wie in den bisherigen biographischen Werken über verschiedenste
Personen (zum Beispiel „Das volle Leben“, je ein Band über Frauen und Männer über 80) ist sie die faszinierende Erzählerin von Geschichten meist einfacher Menschen. Es sind allesamt Lebensbilder voller Heiterkeit, Tragik, Dramatik, Abenteuer, Kampfgeist, Träumen und Lebenskünsten. Ein ganzes Familienpanorama hat sie in ihren früher erschienenen Büchern „Fleisch und Blut“ und „Die Frau des Metzgers“ geschaffen.

So war ich denn gespannt auf die Freudenfrau, der roten Zora von Zürich, die in den Achtzigerjahren des letzten Jahrhunderts das Milieu in Zürich gehörig aufgemischt haben soll. Hinter dem Namen der Zora verbirgt sich die Zuhälterin und Puffmutter Hedy, eine Frau mit mehreren Leben, viel Erfahrung und grosser Weltkenntnis, frech, schön, voll Lebenslust und Unternehmergeist.

Susanna Schwager hat ihr zugehört; die Schilderungen aus dem Milieu berühren, weil sie echt sind. Die Sprache ist absolut, direkt, authentisch. So, wie eben gesprochen wird. Wenn sich die Zora für die Rechte ihrer Arbeiterinnen einsetzt, kann es dann schon auch zu wüsten Dialogen mit Vertretern der Polizei kommen. Korrekt wollen die Zora und ihre Arbeiterinnen behandelt sein. Sie hat ein feines Gespür für das, was Recht oder Unrecht ist.

Als es im Zuhältermilieu zu einem grossen Krach kommt, überlebt Zora nur deshalb, weil sie im Polizeikorps einen Beschützer hat, der auf ihrer Seite steht. In Polizeikreisen hat sie sich wegen ihres Einsatzes für das, was Recht ist, Anerkennung verschafft. Die rote Zora ist denn auch nach ihrer Rückkehr ins „normale“ Leben mit dem Zürcher Vertreter der Polizei in Kontakt geblieben. Die beiden hatten einander viel zu erzählen. Geschichten, die das Leben schrieb. Susanna Schwager hat sie aufgeschrieben, sagenhaft, spannend, mal ist es zum Lachen, mal zum Weinen.

Ich habe das Buch mit viel Vergnügen in fast einem Zug gelesen. Dabei habe ich meine Meinung in Sachen Sexgewerbe vorsichtig revidieren müssen. Einmal mehr bin ich von der Gabe der Autorin fasziniert, wie sie Menschen mit grossen Respekt und Empathie zu begegnen versteht. Es werden die uralten, immer präsenten Fragen zwischen den Geschlechtern abgehandelt, ungeschminkt auch auf erotischem Felde.

Im Ganzen ist das Buch eine Würdigung und Anerkennung für eine starke Frau, die Zora von Zürich. Und von Susanna Schwager gibt’s hoffentlich künftig noch mehr zu lesen.